Ausland

Hinweise auf unerkannte Vogelgrippe-Infektionen in USA

  • Freitag, 14. Februar 2025
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Washington – In den USA liefert eine Untersuchung Hinweise auf eine bisherige Untererfassung von Infektionen mit hochpathogener Vogelgrippe – sowohl bei Milchkühen als auch bei Menschen.

Antikörper, die auf eine kürzlich durchgemachte Infektion hindeuten, seien bei drei von 150 untersuchten Veterinären (zwei Prozent) gefunden worden, berichten die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in ihrem gestern veröffentlichten Morbidity and Mortality Weekly Report (MMWR 2025, DOI: 10.15585/mmwr.mm7404a2).

Keinem der betroffenen Veterinäre war demnach bekannt, mit an Vogelgrippe erkrankten Rindern gearbeitet zu haben. Eine der Personen arbeitete in zwei Bundesstaaten, in dem es zum Untersuchungszeitpunkt keine Virusnachweise bei Rindern gab.

Die drei Tierärzte erkrankten offenbar nicht oder erinnerten sich womöglich nicht daran: Sie berichteten dem Report zufolge weder von Symptomen einer Atemwegserkrankung noch von grippeähnlichen Symptomen in den Monaten vor der Untersuchung – und ebenso wenig von einer Konjunktivitis, die viele der bisher bekannten Vogelgrippepatienten entwickelt hatten.

Der Nachweis von Antikörpern bei asymptomatischen Menschen deute darauf hin, dass die bisherige Surveillance symptomatischer Arbeiter, die Kontakt zu infizierten Tieren hatten, das Ausmaß menschlicher Infektionen unterschätzen könnte, schreiben die Forschenden.

Die Ergebnisse unterstrichen somit den möglichen Nutzen einer systematischen Überwachung. Die Befunde legten nahe, dass es infizierte Herden in Bundesstaaten geben könnte, in denen dies noch nicht bekannt geworden sei.

Die aktuellen Erkenntnisse haben auch Bedeutung für den Arbeitsschutz: Die Ärzte, bei denen nun Antikörper nachgewiesen wurden, hatten angegeben, bei der Arbeit mit den Tieren weder Maske noch Schutzbrille getragen zu haben.

Nicht der erste Hinweis auf Untererfassung

Die Blutproben der Tierärzte wurden im September 2024 entnommen und untersucht. Rund ein halbes Jahr zuvor waren in den USA die weltweit ersten Fälle von H5N1 bei Rindern festgestellt worden (Klade 2.3.4.4b, Genotyp B3.13).

Seitdem hatte es mehrfach Hinweise darauf gegeben, dass das Virus weiter verbreitet sein dürfte als offiziell bekannt – unter anderem durch Antikörpertests bei Arbeitern. Teils hatten sich Landwirte auch geweigert, Tests vornehmen zu lassen.

Eine systematische Testung von Tankmilch läuft in den USA erst seit Ende 2024. Auf diesem Weg wird nun versucht, betroffene Betriebe aufzuspüren. Die Ergebnisse der Tierärztestudie machten deutlich, wie wichtig derartige Maßnahmen zum schnellen Aufspüren infizierter Kühe seien, schreibt das CDC-Team.

Zum Zeitpunkt der Erhebung war ein Vorkommen des Erregers in 14 US-Bundesstaaten bekannt, beim Menschen waren es damals erst vier offiziell erfasste Infektionen nach Kontakt zu Rindern.

Inzwischen sind CDC-Angaben zufolge in den USA annähernd 70 Vogelgrippeinfektionen beim Menschen erfasst worden, wobei ein Teil mit Ausbrüchen in Geflügelhaltungen zusammenhing. Seit Ausbruchsbeginn ist das Virus bei annähernd 970 Rinderherden erfasst worden.

WHO: Kontakt zu CDC abgebrochen

Nachdem der neue US-Präsident Donald Trump kürzlich den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angekündigt hat, lägen der WHO nur noch begrenzt Informationen zur Ausbreitung von aviärer Influenza bei Milchkühen und Menschen in den USA vor, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus kürzlich bei einer WHO-Pressekonferenz.

Zwar teilten die USA Angaben über Fälle von Vogelgrippe bei Menschen über Kanäle der internationalen Gesundheitsvorschriften (International Health Regulations, IHR), führte WHO-Expertin Maria Van Kerhove aus.

Die CDC trügen derzeit aber keine Influenzadaten mehr zu den globalen WHO-Plattformen wie FluNet bei, die sie zuvor viele Jahre geliefert hätten. Auch gebe es inzwischen keinen direkten Austausch mit den CDC über Influenza mehr. „Wir haben Kontakt mit ihnen aufgenommen, aber wir haben keine Rückmeldung erhalten“, sagte Van Kerkhove.

Der CDC-Report mit den Ergebnissen der Tierärzte war schon eine Weile erwartet worden, jedoch galt für mehrere US-Gesundheitsbehörden nach dem Amtsantritt Trumps zunächst eine Pause der externen Kommunikation.

Einige Fachleute haben sich besorgt darüber geäußert, wie der umstrittene neue US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. mit Themen wie H5N1 umgehen wird. Allerdings war auch die Reaktion der vorherigen US-Regierung unter Joe Biden stark von internationalen Fachleuten kritisiert worden.

Zweite Virusvariante in Rindern

Kürzlich wurde publik, dass in den USA inzwischen noch eine zweite Variante des Vogelgrippevirus auf Rinder übergesprungen ist: Klade 2.3.4.4b, Genotyp D.1.1. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.

Diese Variante ist bei Zugvögeln verbreitet und hat im Unterschied zu den anderen in den USA beobachteten Infektionen bei Menschen durch Genotyp B.3.13 bereits zu schweren Krankheitsverläufen geführt.

Dass es erneut zu einem Eintrag in Rinderherden kam, ist über das neue Milchtestprogramm aufgefallen. Wie die US-Landwirtschaftsbehörde kürzlich erläuterte, sind erst nach dem Virusnachweis Krankheitsanzeichen der Rinder berichtet worden. Die betroffenen Betriebe in Nevada hätten von einem großen Wildvogelsterben nahe ihrer Höfe berichtet.

ggr

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