Impfpflicht für medizinisches Personal in Großbritannien auf dem Prüfstand

London – Auf Druck seiner Partei will der britische Premierminister Boris Johnson offenbar einem Zeitungsbericht zufolge die Coronaimpfpflicht für medizinisches Personal doch wieder streichen. Großbritanniens Gesundheitsminister Sajid Javid wolle den Schritt noch heute mit Kabinettskollegen vereinbaren, berichtete der Daily Telegraph.
Den Plänen zufolge sollten Pflegekräfte vom 1. April an zwei Impfungen haben. Mit der Kehrtwende würde Johnson, der wegen der „Partygate“-Affäre auch parteiintern unter Druck steht, eine der Kernforderungen einflussreicher Hinterbänkler erfüllen.
Wie der Telegraph schrieb, beruft sich Gesundheitsminister Javid darauf, dass die Auswirkungen der Omikron-Variante deutlich milder seien als befürchtet. Die Impfpflicht für das Personal des Gesundheitsdienstes NHS wurde beschlossen, als die Delta-Variante dominierte. Diese führte zu deutlich mehr Krankenhauseinweisungen.
Kritiker befürchten, das ohnehin überlastete Gesundheitssystem werde bei einer Impfpflicht auf einen Schlag 80.000 Beschäftigte verlieren. Die Pflegekräftevereinigung Royal College of Nursing begrüßte die Kehrtwende.
Der einflussreiche Tory-Abgeordnete Mark Harper sprach von einem „großen Sieg“. „Meine Hinterbänkler-Kollegen und ich haben deutlich darauf gedrungen, Zehntausenden NHS- und Pflegekräften die Kündigung zu ersparen“, twitterte Harper.
Als Hinterbänkler (backbenchers) werden in Großbritannien Abgeordnete ohne Regierungsverantwortung bezeichnet, also das Gros der Parlamentarier. In Johnsons Konservativer Partei sind sie ein großer Machtfaktor.
Wegen der Affäre um Lockdown-Partys in der Downing Street droht Johnson ein parteiinternes Misstrauensvotum. Nun dürften Johnsons Chancen, eine solche Abstimmung zu vermeiden, erheblich steigen.
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