Ausland

Magen-Darm-Infekte: Lage im deutschen Team entspannt sich

  • Donnerstag, 10. August 2017
Isaac Makwala durfte sich nach Ablauf der Quarantäne in einem Einzellauf gegen die Zeit qualifizieren. /dpa
Isaac Makwala durfte sich nach Ablauf der Quarantäne in einem Einzellauf gegen die Zeit qualifizieren. /dpa

London – Magen-Darm-Infekte bei Athleten haben bei der Leichtathletik-Weltmeister­schaft (WM) in London für Aufregung und Diskussion um Quarantäne-Vorschriften gesorgt. Beim deutschen Team entspannte sich die Lage heute leicht. Für Irritationen sorgte Botswanas Weltklasse-Sprinter Isaac Makwala.

„Im Moment haben wir keinen neuen Fall“, sagte Mannschaftsarzt Andrew Lichtenthal heute in London zur Lage im deutschen WM-Team. Nur noch ein Sportler sei wegen der Ansteckungsgefahr in der 48-Stunden-Quarantäne. „Wir versuchen alles, um das Team so zu versorgen, dass es gut performen kann“, sagte Lichtenthal.

13 Teammitglieder erkrankt

Bei den Weltmeisterschaften waren sieben deutsche Athleten und sechs Betreuer seit vergangenen Freitag erkrankt. Alle seit den Ausbrüchen der Erkrankungen, die zum Teil auf den Norovirus zurückzuführen sind, ankommenden Athleten wie Speerwurf-Olym­pia­sieger Thomas Röhler sind und werden in anderen Hotels untergebracht. Auch andere Nationen sind betroffen. Die Hygienemaßnahmen im 900-Betten-Teamhotel an der Tower Bridge sind massiv verstärkt worden. Lichtenthaler und die Teamleitung haben nach Angaben des Mediziners den teilweise verunsicherten gesunden Athleten gesagt: „Haltet euch an die Regeln, dann ist alles gut.“

Idriss Gonschinska, Cheftrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, hatte am Tag zuvor von einer „Ausnahmesituation“ gesprochen, in der Krisenmanagement erforder­lich sei. Er sprach von „keiner normalen WM“. Stark eingeschränkt wurde im DLV-Team die Betreuung der Athleten vor und während der Wettkämpfe. „Physiotherapeuten dürfen die Athleten nicht mehr betreuen, die Ärzte behandeln Athleten nur in Notfällen, um die Übertragungsgefahr so niedrig wie möglich zu halten“, erklärte Gonschinska.

Zahl der Fälle leicht gestiegen

Die Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) teilte heute mit, dass etwa 40 Menschen bei der Leichtathletik-WM derzeit von Magen-Darm-Krankheiten betroffen sind, drei von ihnen steckten sich mit dem Norovirus an. Die Norovirus-Fälle seien bei Labortests festgestellt worden, hieß es.

Damit hat sich die Zahl der Erkrankten innerhalb von zwei Tagen leicht erhöht. Am 8. August gab die PHE rund 30 Fälle bekannt, darunter waren zwei Menschen mit dem Norovirus. Ihre Behörde arbeite eng mit den WM-Organisatoren zusammen, um die Ausbreitung der Infektion unter Kontrolle und die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten, sagte die stellvertretende PHE-Direktorin Deborah Turbitt.

Makwala im Finale

Unterdessen hat Isaac Makwala nach einer Magen-Darm-Erkrankung, 48 Stunden Quarantäne und langer Ungewissheit das 200-Meter-Finale der Leichtathletik-WM erreicht. Der 30-Jährige qualifizierte sich gestern Abend in 20,14 Sekunden für den Endlauf (heute 22.50 Uhr). Damit kommt es nun zum mit Spannung erwarteten Top-Duell: Makwala gilt als härtester Konkurrent von 400-Meter-Weltmeister Wayde van Niekerk. Der Südafrikaner strebt das seltene Gold-Double über 200 und 400 Meter an. Superstar Usain Bolt tritt bei seiner Abschieds-WM nicht auf seiner Lieblingsstrecke an.

Mit einem Sololauf auf Bahn sieben hatte sich Makwala gut zwei Stunden zuvor zunächst für das Halbfinale qualifiziert. Der an einem Magen-Darm-Infekt erkrankte Sprinter erhielt erst gestern vom Weltverband IAAF die Starterlaubnis. Als die 20,20 Sekunden auf der Anzeigetafel aufleuchteten, sorgte er aber für Irritationen. Er reagier­te mit Wut und Spott, machte auf der regennassen Tartanbahn sieben Liegestütze und salutierte dann in Richtung Publikum.

Die IAAF hatte Makwala am Dienstag den Start im 400-Meter-Finale untersagt, das van Niekerk gewann. Wegen der ansteckenden Erkrankung hatte der Mann aus Botswana am Montag den 200-Meter-Vorlauf verpasst und musste in Quarantäne. Am Dienstag­abend war Makwala sogar schon am Olympiastadion, wurde aber gestoppt und zurück­gewiesen. Das britische Gesundheitsrecht schreibt in Erkrankungsfällen zwingend eine 48-stündige Quarantäne vor; der Sportler musste auf seinem Hotelzimmer bleiben.

Makwala hatte zunächst frustriert und empört auf sein vermeintliches WM-Aus reagiert und den Organisatoren sogar „Sabotage“ vorgeworfen. „Sie haben mir nicht mal zuge­hört. Sie haben nur gesagt: Nein, du kannst nicht laufen, weil du krank bist“, hatte der Sprinter dem britischen Fernsehsender ITV in London gesagt. „Manchmal denke ich, das könnte Sabotage sein.“

IAAF-Präsident Sebastian Coe wehrte sich gegen solche Verschwörungstheorien. „Jeder, der andeutet, dass dies eine Verschwörung ist, lebt offensichtlich auf einem völlig ande­ren Planeten“, sagte der Brite im Interview der Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Warum sollten wir ein Duell verhindern wollen, das diese Weltmeisterschaft geprägt hätte?“

dpa

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