Ausland

Medizinischer Notfallplan greift nach Luftangriff auf Flüchtlingslager

  • Mittwoch, 18. Januar 2017
Uploaded: 18.01.2017 12:36:34 by maybaum
/dpa

Kano – Nach dem versehentlichen Luftangriff auf ein Flüchtlingslager in Nigeria haben die Behörden des Staates Borno die örtlichen Krankenhäuser und Ärzte in Alarmbe­reit­schaft versetzt. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) schickte einen Rettungshubschrauber, um Verletzte aus dem Lager in Rann nach Maiduguri zu bringen, wie die örtliche Regierung heute mitteilte. Die Organisation Ärzte ohne Grenzen wurde demnach mit der Koordinierung der medizinischen Hilfe beauftragt.

Die Rettungsarbeiten in dem Flüchtlingslager, wo sich Menschen auf der Flucht vor der Islamistengruppe Boko Haram aufhielten, dauerten heute an. Berichten zufolge waren die ersten Notaufnahmen in dem nördlichen Bundesstaat rasch überfüllt. Nach neuen Angaben des Roten Kreuzes wurden bei dem Luftangriff des nigerianischen Militärs am Dienstag mindestens 76 Menschen getötet und über hundert weitere verletzt. Die Op­fer­zahl könnte demnach noch weiter steigen. Unter den Toten waren auch sechs Mit­arbeiter des nigerianischen Roten Kreuzes.

Ärzte ohne Grenzen erklärte, von der eigenen Organisation seien keine Helfer unter den Opfern, allerdings starben drei Mitarbeiter einer von der Organisation beauftragten Fir­ma, die in dem Flüchtlingslager arbeiteten. Die Organisation verbreitete auch Bilder aus dem Lager nach dem Angriff, auf denen verletzte Kinder zu sehen waren und Leichen, die mit Decken bedeckt waren. Ärzte ohne Grenzen erklärte, der Angriff sei „schockie­rend“ und nicht hinnehmbar.

Auch der Norwegische Flüchtlingsrat zeigte sich entsetzt. Das Lager müsse ein „sicherer Zufluchtsort“ für Menschen sein, die vor Kriegen und Konflikten auf der Flucht seien, erklärte die Organisation. Derlei „versehentliche“ Angriffe dürften nicht zu einer neuen Norm werden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte von der nigerianischen Regierung eine „rasche und angemessene“ Entschädigung der Opfer. Der Angriff verstoße gegen das internationale humanitäre Recht. Der UNO zufolge leben in dem Lager rund 43.000 Vertriebene unter schwierigen Bedingungen.

Das nigerianische Militär hatte bereits gestern eingeräumt, dass ein Kampfjet „das fal­sche Ziel getroffen“ habe. Offenbar sollte stattdessen der nahe gelegene Ort Kala be­schossen werden, wo das Militär Boko-Haram-Kämpfer vermutet. Staatschef Muhamma­du Buhari äußerte sein tiefes Bedauern über das Bombardement.

Boko Haram kämpft seit Jahren für die Errichtung eines islamischen Gottesstaats in Ni­geria. Seit 2009 wurden bei Angriffen mehr als 20.000 Menschen getötet. Außerdem er­griffen 2,6 Millionen Menschen die Flucht. Das nigerianische Militär erzielte zuletzt Fort­schritte im Kampf gegen die Miliz und erklärte im Dezember, der Konflikt sei in seine End­phase getreten.

afp

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