Misstrauensantrag gegen von der Leyen

Brüssel – Gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist ein Misstrauensantrag eingebracht worden. Der Antrag kommt vom rechtsradikalen rumänischen Abgeordneten Gheroghe Piperea der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR).
Als Grund für den Misstrauensantrag wurden die Textnachrichten genannt, die von der Leyen während der Coronapandemie mit dem Vorstandsvorsitzenden des Pharmakonzerns Pfizer, Albert Bourla, ausgetauscht hatte.
Während der Pandemie hatte die Europäische Union (EU) inmitten einer massiven Nachfrage weltweit Impfstoffe für die Mitgliedstaaten gesichert. Als Hauptlieferanten wählte die EU-Kommission Biontech/Pfizer. Viele Aspekte der Beschaffung wurden jedoch vertraulich behandelt, was zu Vorwürfen der mangelnden Transparenz führte.
Piperea nannte auch die angebliche Einmischung der EU-Kommission in die rumänische Präsidentschaftswahl als Grund für den Misstrauensantrag. Dort hatte im November der Rechtsradikale Calin Georgescu überraschend die erste Runde der Präsidentenwahl gewonnen.
Das rumänische Verfassungsgericht erklärte den Urnengang jedoch wegen des Verdachts der Wahleinmischung durch Russland für ungültig, Georgescu wurde von der Wiederholungswahl ausgeschlossen. Die EU-Kommission verschärfte in Reaktion auf den Verdacht die Überwachung der Videoplattform Tiktok, die Georgescu massiv für seinen Wahlkampf genutzt hatte.
Wie die Fraktionschefs im EU-Parlament gestern feststellten, unterzeichneten mindestens 72 Abgeordnete den Antrag, somit ist er für die Abstimmung im Parlament zugelassen. Das Misstrauensvotum soll am kommenden Montag im EU-Parlament diskutiert werden, die Abstimmung ist für kommenden Donnerstag geplant.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Europarlament will beim anstehenden Misstrauensvotum gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Team stimmen. „Wir werden als BSW für den Misstrauensantrag stimmen, auch wenn wir nicht in jedem Detail einverstanden sind und der Antrag hauptsächlich von rechten Kräften getragen wird, deren Werte und Politik wir nicht teilen“, sagte Fabio De Masi, Sprecher der Delegation des Bündnis Sahra Wagenknecht im Europäischen Parlament. Das BSW stellt derzeit 5 der 720 Mitglieder.
Es sei „erbärmlich“, dass die Mehrheit des Europaparlaments nicht über die „Rechtsbrüche von Frau von der Leyen in der Pfizer-Affäre diskutieren wollte“, so De Masi. Außerdem entmachte sie das Parlament bei „Aufrüstungszielen“ und übergehe die „Völkerrechtsbrüche in Gaza und beim Angriff auf den Iran“.
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU), bezeichnete die Unterstützer des Antrags als „Marionetten“ des russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Putins Marionetten im Europäischen Parlament versuchen, die Einheit Europas zu untergraben und die Kommission in Zeiten globaler Turbulenzen und Wirtschaftskrisen zu stürzen“, erklärte Weber. „Das ist eine Schande für das europäische Volk“, fügte er hinzu.
Von der Leyen hat sich bisher nicht öffentlich zu dem Misstrauensantrag geäußert. Die Kommissionspräsidentin ist heute mit anderen Kommissionsmitgliedern im dänischen Aarhus, um an den Feierlichkeiten zu Beginn der dänischen EU-Ratspräsidentschaft teilzunehmen. Gemeinsam mit der dänischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen will sie dort vor die Presse treten. Es ist unwahrscheinlich, dass das Misstrauensvotum erfolgreich sein wird.
Sollte der Misstrauensantrag angenommen werden, müsste die EU-Kommission geschlossen zurücktreten. Ein solches Szenario gilt allerdings als unwahrscheinlich, weil dafür eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und gleichzeitig die Mehrheit der Mitglieder des Parlaments benötigt wird.
Bislang ist noch nie eine Europäische Kommission per Misstrauensantrag gestürzt worden. Im Jahr 1999 kam allerdings die Kommission des damaligen Präsidenten Jacques Santer einem möglichen Misstrauensvotum zuvor und trat zurück. Zuvor waren Korruptionsvorwürfe gegen eine Kommissarin öffentlich geworden.
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