Ausland

Pandemievertrag: Einigung der WHO-Mitglieder steht offenbar bevor

  • Montag, 14. April 2025
/denisismagilov, stock.adobe.com
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Genf – Im seit mehr als drei Jahren andauernden Ringen um einen weltweiten Pandemievertrag sollen in den kommenden Tagen letzte Hürden aus dem Weg geräumt werden. Die Verhandler wollen morgen erneut zusammenkommen, wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf mitteilte. Mitgliedsländer müssten einige vorgeschlagene Passagen zunächst mit ihren Regierungen besprechen.

Die Nachrichtenagentur AFP sprach von einer bereits erzielten Grundsatzeinigung. Sie zitierte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus mit den Worten: „Dies ist ein Geschenk an unsere Kinder und unsere Enkel.“ Nach einer fast 24-stündigen Marathonsitzung in Genf seien die versammelten Unterhändler in Jubel ausgebrochen. Der WHO-Chef lobte die Anstrengungen. „Die Verhandlungen gehen weiter“, schrieb er auf der Plattform X.

Formell verabschiedet werden soll das Abkommen dann bei der Generalversammlung der mehr als 190 Mitgliedstaaten der UN-Organisation Ende Mai. Das Abkommen soll Chaos wie bei der Coronapandemie verhindern und unter anderem dafür sorgen, dass in einer ähnlichen Situation Menschen in aller Welt gleichermaßen zügig an Schutzmaterial und Impfstoffe kommen.

Für die WHO ist klar: Die nächste Pandemie ist nur eine Frage der Zeit. Daher sollen unter anderem Gesundheitssysteme gestärkt werden, damit unbekannte Krankheiten früh erkannt und schnellstens bekämpft werden können. Sollte sich eine Pandemie entwickeln, soll die umgehende Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen und die gerechte Verteilung weltweit gesichert werden.

Die drastische Kürzung der Entwicklungshilfegelder der USA und anderer Länder sowie der angekündigte Austritt der USA aus der WHO erschweren dies. Die USA deckten bislang rund 18 Prozent des WHO-Budgets.

Ein Knackpunkt in den Verhandlungen ist die gerechte Verteilung von Medikamenten und Impfstoffen. Vor allem lateinamerikanische Länder hätten darauf gedrängt, den Technologietransfer zu erleichtern, hieß es nach AFP-Informationen aus Verhandlungskreisen.

Mehrere andere Staaten, in denen die Pharmaindustrie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, lehnten dagegen die Idee verpflichtender Transfers ab und bestanden auf deren Freiwilligkeit. Dieser Streit sei nun gelöst, sagte ein Verhandlungsteilnehmer vorgestern Morgen. Allerdings wurde der vereinbarte Text zunächst nicht veröffentlicht.

Während der Coronapandemie wurde in reichen Ländern teils schon die dritte Impfung verabreicht, während Menschen in armen Ländern noch auf den ersten Impfstoff warteten.

Länder sollen Proben von bei ihnen aufgetauchten Krankheitserregern zügig zur Verfügung stellen, aber von den mit Hilfe der Proben erstellten Impfstoffen und Medikamenten auch rasch profitieren können. Umstritten ist, wie viel Material Pharmafirmen umsonst oder zu kleinen Preisen zur Verfügung stellen sollen.

Der Vertrag wird nur in den Ländern gelten, die ihn ratifizieren. Betont wird, dass die WHO keine Maßnahmen wie Lockdowns anordnen kann. Dies obliegt wie bisher den nationalen Regierungen und Behörden.

Der Beschluss zur Ausarbeitung eines Pandemieabkommens war im Dezember 2021 von den WHO-Mitgliedstaaten gefasst worden, um die Lehren aus der Coronakrise zu ziehen. Die Verhandlungen zogen sich allerdings endlos hin, immer neue Runden mussten anberaumt werden.

Durch die Coronapandemie starben nach Angaben der UN-Organisation weltweit mindestens 20 Millionen Menschen. Gegenmaßnahmen wie Lockdowns und Reisebeschränkungen brachten schwere wirtschaftliche Schäden mit sich. Auch die Gesundheitssysteme waren nicht auf die Pandemie vorbereitet: So behinderte lange ein Mangel an Impfstoff den Kampf gegen das Coronavirus.

dpa/afp

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