Ausland

„Partygate“-Bericht: Downing Street hat bei Standards versagt

  • Montag, 31. Januar 2022
/picture alliance, empics, Stefan Rousseau
/picture alliance, empics, Stefan Rousseau

London – Ein Untersuchungsbericht zur „Partygate“-Affäre hat den Verantwortlichen im britischen Regie­rungssitz Führungsversagen und schwere Regelbrüche vorgeworfen. Die Verantwortlichen hätten es ver­säumt, sich an Standards zu halten, die zur Zeit der Coronalockdowns nicht nur von der Regierung, son­dern von der gesamten Bevölkerung verlangt worden seien, hieß es in dem heute veröffentlichten Bericht der Spitzenbeamtin Sue Gray.

Der stark unter Druck stehende britische Premier Boris Johnson wird an keiner Stelle direkt kritisiert. Die Opposition forderte dennoch mit Nachdruck seinen Rücktritt. Gray betonte, einige der Treffen hätten nicht stattfinden dürfen oder sich nicht in der Weise entwickeln dürfen, wie es letztlich geschah.

Das Verhalten einiger Beteiligter sei „schwer zu rechtfertigen“. Es habe in verschiedenen Bereichen von Downing Street Nummer 10 und dem angegliederten Cabinet Office, der zentralen Regierungsbehörde, ein deutliches Führungsversagen gegeben.

Außerdem sei offensichtlich zu wenig darüber nachgedacht worden, welches Gesundheitsrisiko einige Versammlungen bedeutet hätten und wie sie in der Öffentlichkeit vor dem Hintergrund der landesweiten Notlage erscheinen mochten.

Gray forderte: „Aus diesen Ereignissen müssen wichtige Erkenntnisse gezogen werden, die sofort regie­rungsweit angegangen werden müssen.“ Damit müsse nicht auf das Ende der Polizeiermittlungen gewar­tet werden.

Scotland Yard führt parallel eigene Ermittlungen zu Zusammenkünften in der Downing Street durch – Gray zufolge zu 12 der insgesamt 16 untersuchten Events. Deshalb hatte die Behörde die Beamtin gebe­ten, in ihrem Bericht auf diese Partys nur minimal Bezug zu nehmen.

Daher gilt der Report als abgeschwächt gegenüber seiner ursprünglichen Version – worauf die Beamtin auch selbst Bezug nimmt. Was sie über einige Veranstaltungen sagen könne, sei „extrem eingeschränkt“ und es sei daher aktuell unmöglich, eine aussagekräftige Zusammenfassung all ihrer Informationen bereitzustellen.

Stattdessen nennt Gray konkrete Punkte, die sich ihrer Meinung in dem britischen Regierungssitz ändern sollten. „Exzessiver Konsum von Alkohol ist in einem professionellen Arbeitsumfeld zu keiner Zeit angemessen“, schrieb sie. Außerdem sei die Zahl der Mitarbeiter in der Downing Street stark gewachsen, allerdings gebe es keine klaren Zuständigkeiten, was reibungslosen Abläufen entgegen stehe.

Premierminister Johnson, der den Bericht am Montagmittag zugestellt bekam, wollte sich am Nachmittag im Londoner Unterhaus dazu äußern und sich Medienberichten zufolge am Abend mit der Parlaments­fraktion seiner Tory-Partei treffen.

Sprechen mindestens 54 Abgeordnete dem Premier das Misstrauen aus, muss Johnson sich einer Ab­stimmung stellen. Durch die Abschwächung und die noch laufenden Polizei-Ermittlungen gilt dies jedoch aktuell wieder als unwahrscheinlicher.

dpa

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