Ausland

Polnisches Gericht verurteilt Ärzte wegen zu spät vorgenommenen Abbruchs

  • Freitag, 18. Juli 2025
Der Tod der 30-jährigen Izabela hatte 2021 in Polen landesweite Proteste gegen das rigide Abtreibungsrecht ausgelöst. /picture alliance, NurPhoto, Beata Zawrzel
Der Tod der 30-jährigen Izabela hatte 2021 in Polen landesweite Proteste gegen das rigide Abtreibungsrecht ausgelöst. /picture alliance, NurPhoto, Beata Zawrzel

Warschau – Der Tod einer 30-jährigen Schwangeren hatte 2021 in Polen landesweite Proteste gegen das rigide Abtreibungsrecht ausgelöst: Gestern hat ein polnisches Gericht drei Ärzte verurteilt, weil die Patientin aufgrund eines zu spät vorgenommenen Abbruchs verstorben war, wie die Anwältin der Familie der Verstorbenen, Jolanta Budzowska, im Onlinedienst X mitteilte.

Zwei der Ärzte seien zu einer mehr als einjährigen Haftstrafe verurteilt worden, der dritte Mediziner habe eine einjährige Bewährungsstrafe erhalten. Alle drei erhielten demnach ein mehrjähriges Berufsverbot.

Die Patientin war im September 2021 in einem Krankenhaus in Pszczyna im Süden des Landes an einem septischen Schock gestorben. Sie war in der 22. Woche schwanger und mit schweren Komplikationen eingeliefert worden.

Ihre Familie beklagte damals, die behandelnden Ärzte hätten eine „abwartende Haltung“ in Bezug auf den Schwangerschaftsabbruch eingenommen. Budzowska warf den Ärzten laut einem Bericht der Nachrichtenagentur PAP vor, „fast nichts“ getan zu haben, „um das Leben Izabelas zu retten“. Das Gericht in Pszczyna gab gestern keine Erklärung zu dem Urteil ab.

Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. Nur bei Vergewaltigung, Inzest und Gefahr für Leben oder Gesundheit der Frau dürften Ärztinnen und Ärzte einen Abbruch durchführen. Die Beihilfe zu einem illegalen Schwangerschaftsabbruch wird mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft.

Aufgrund der restriktiven Regelung haben viele Mediziner Angst davor, Schwangerschaftsabbrüche vorzunehmen oder zögern lange, bevor sie eingreifen.

Das Schicksal von Izabela hatte die damals regelmäßig stattfindenden Proteste gegen das Abtreibungsrecht in Polen verstärkt. Frauenrechtsgruppen beklagten die 30-Jährige als das erste Opfer des nahezu vollständigen Abtreibungsverbots.

Das Oberste Gericht Polens hatte mit Unterstützung der damaligen Regierung der nationalkonservativen PiS-Partei im Oktober 2020 auch Schwangerschaftsabbrüche schwer fehlgebildeter Föten für verfassungswidrig erklärt.

Die Nachfolgeregierung ist bisher im Parlament damit gescheitert, das Abtreibungsrecht zu reformieren. Mit dem Sieg des Rechtsnationalisten Karol Nawrocki bei der Präsidentschaftswahl im Juni ist eine Lockerung der Gesetze noch unwahrscheinlicher geworden.

Offiziell gab es in Polen bei einer Bevölkerung von 38 Millionen 2024 nur 896 Schwangerschaftsabbrüche. Die Initiative „Schwangerschaftsabbruch ohne Grenzen“ gibt jedoch an, vergangenes Jahr 47.000 Frauen bei Abbrüchen unterstützt zu haben.

afp

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