Streit um Abtreibungsrecht in Polen: Präsident will Gesetzesänderung

Warschau – Im Streit um eine Verschärfung des Abtreibungsverbots in Polen will Präsident Andrzej Duda einen neuen Gesetzentwurf ins Parlament einbringen.
Dieser sehe die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs vor, wenn es laut medizinischer Diagnose wahrscheinlich ist, dass das Kind tot zur Welt komme oder wegen seiner Fehlbildungen kurz nach der Geburt sterben werde, teilte die Präsidialverwaltung mit. „Ich hoffe auf einen politischen Konsens in dieser Angelegenheit“, wurde Duda zitiert.
Seit Tagen gibt es in Polen heftige Proteste gegen eine Entscheidung des Verfassungsgerichts. Die Richter hatten entschieden, dass Frauen auch dann nicht abtreiben dürfen, wenn ihr Kind schwere Fehlbildungen hat. Dies kommt de facto einem Abtreibungsverbot gleich. Das polnische Abtreibungsrecht gehört ohnehin schon zu den strengsten in Europa.
Mit dem nun von Duda eingebrachten Vorschlag wäre künftig ein Schwangerschaftsabbruch in Polen beispielsweise dann nicht möglich, wenn eine Diagnose auf eine Behinderung wie das Down Syndrom hinweist, da dieses nicht lebensbedrohlich ist.
Duda regte außerdem an, der Staat müsse seine Hilfeleistungen für Familien mit behinderten Kindern weiter ausbauen. Der Vorschlag des Präsidenten dürfte keinen Durchbruch in dem Konflikt bringen: Eine Mehrheit der Demonstranten fordert eine generelle Liberalisierung des Abtreibungsrechts.
Die Frauenbewegung hat für heute Abend zu einem Protestmarsch in Warschau aufgerufen. Die Demonstranten wollen ihren Marsch von drei markanten Orten in der Innenstadt aus beginnen, darunter vom Regierungsgebäude und von einem Platz in der Nähe der Zentrale der nationalkonservativen Regierungspartei PiS. Das Ziel des Marsches soll kurzfristig über soziale Medien bekannt gegeben werden.
Angesichts der Coronapandemie hatte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki die Frauenbewegung dazu aufgerufen, den für heute geplanten Protest abzusagen. „Ich bitte ganz inständig darum, mit Blick auf die Epidemie und COVID-19, da es eine Bedrohung für das Leben unserer Senioren ist, aber auch Jüngere können daran sterben“, sagte Morawiecki gestern.
Er appellierte an die Demonstranten, ihre Wut lieber auf ihn zu konzentrieren, aber jene Mitbürger zu verschonen, die als Folge der Proteste möglicherweise in zwei Wochen von dem Virus betroffen wären. „Als Demonstranten seid ihr im Kontakt mit älteren Menschen, und das könnte dramatische Folgen haben.“
Seit Tagen protestieren in ganz Polen Menschen gegen eine Entscheidung des Verfassungsgerichts. Die Richter hatten befunden, dass Frauen auch dann nicht abtreiben dürfen, wenn ihr Kind schwere Fehlbildungen hat. Dies kommt de facto einem Abtreibungsverbot gleich.
Vorgestern hat sich laut Polizei landesweit mehr als 430.000 Menschen an 410 Protestaktionen beteiligt. Für heute hat die Organisation Allpolnischer Frauenstreik zu einem zentralen Protestmarsch in Warschau aufgerufen.
Gestern hatten die Behörden mehr als 20.000 Coronaneuinfektionen innerhalb eines Tages registriert. Es gibt die Sorge, dass das Gesundheitssystem bei einer weiteren Ausbreitung der Pandemie bald an seine Grenzen gelangen könnte.
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