Ausland

Tote bei Sturm auf UN-Lebensmittellager in Gaza

  • Donnerstag, 29. Mai 2025
/picture alliance, REUTERS, Hatem Khaled
/picture alliance, REUTERS, Hatem Khaled

Gaza – Die humanitäre Notlage im umkämpften Gazastreifen spitzt sich weiter zu. Bei einem tumultartigen Sturm auf ein großes Lagerhaus des Welternährungsprogramms (WFP) im Zentrum des abgeriegelten Küstengebiets kamen nach Angaben der UN-Organisation mindestens zwei Menschen ums Leben, viele weitere seien verletzt worden.

„Horden hungriger Menschen“ seien in das Lagerhaus eingedrungen, um an „zur Verteilung bereitgestellte Lebensmittel“ zu gelangen, hieß es in einer Mitteilung auf X. Augenzeugen berichteten, vor allem am Haupttor des Lagerhauses sei es zu großem Gedränge gekommen. Es gab zudem Berichte darüber, dass einige Menschen Teile der Metallwände eingerissen hätten, um sich Zugang zum Lager zu verschaffen.

Auf Videos in den sozialen Medien war zu sehen, wie zahlreiche Menschen unter lautem Geschrei das Lagerhaus stürmen und plündern. Aus medizinischen Kreisen im Al-Aksa-Krankenhaus in Deir al-Balah hieß es, zwei Menschen seien erdrückt, zwei weitere durch Schüsse getötet worden.

Angesichts der monatelangen Blockade von Hilfsgütern durch Israel, die erst zuletzt etwas gelockert worden war, sind viele Menschen in dem Küstenstreifen in einer verzweifelten Lage – es fehlt an Nahrungsmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und vielen anderen Dingen des täglichen Bedarfs.

Bereits in den vergangenen Tagen gab es Berichte über Plünderungen und einen Sturm auf ein neues Verteilzentrum, das von der umstrittenen Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betrieben wird. Die Stiftung wies jedoch Berichte über Tote, massenhaft Verletzte und Chaos an den von ihr eingerichteten Verteilzentren in Gaza zurück. An keinem Standort der GHF habe es Todesfälle gegeben. „Berichte, die anderes behaupten, stammen von der Hamas und sind falsch“, hieß es.

Israels Führung lässt die palästinensische Terrororganisation militärisch bekämpfen und wirft ihr vor, frühere Hilfslieferungen für eigene Zwecke abgezweigt und verkauft zu haben, um mit dem Geld Waffen und Kämpfer zu bezahlen. Das wird auch als Grund für die neue Verteilstrategie angeführt. UN-Vertreter sagen, Israel habe keine Beweise für die Vorwürfe vorgelegt.

An den zwei bisher eröffneten Verteilungszentren seien bislang 14.550 Lebensmittelpakete verteilt worden, teilte die GHF mit. Die Einsätze sollten heute weitergehen und auf vier geplante Standorte ausgeweitet werden. „In den kommenden Wochen ist der Aufbau weiterer Verteilungszentren in Gaza geplant“, hieß es.

Die Stiftung soll nach dem Willen der israelischen Regierung künftig für die Verteilung von Hilfsgütern zuständig sein. Hilfsorganisationen der UN und anderer internationaler Initiativen sollen so umgangen werden.

Das UN-Nothilfebüro übte scharfe Kritik daran und sprach von einem „militarisierten Verteilungssystem“, das die Menschen gefährde und ihren Bedürfnissen nicht gerecht werde. „Die israelischen Behörden haben die Fähigkeit unserer Teams untergraben, echte, auf Prinzipien beruhende humanitäre Hilfe zu leisten.“ Man beteilige sich nicht an Vorhaben, „die unsere Neutralität, Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit untergraben“. Hilfe dürfe „nicht als Waffe eingesetzt werden“.

Israels UN-Botschafter Danny Danon warf den UN wiederum „Erpressung und Drohungen“ gegen humanitäre Organisationen vor, die mit der GHF zusammenarbeiteten. „Das ist mafiaähnliches Verhalten und ein eklatanter Verstoß gegen die Grundprinzipien der UN“, wetterte Danon auf X.

Seit Beginn des Gazakriegs im Oktober 2023 hat sich die Notlage der rund zwei Millionen Menschen in dem dicht besiedelten Küstengebiet drastisch verschärft. Nach 600 Tagen sei die humanitäre Lage „so düster wie nie zuvor“, konstatiert das UN-Nothilfebüro.

Ausgelöst wurde der Krieg durch den Terrorüberfall der Hamas und anderer islamistischer Gruppen am 7. Oktober 2023 auf den Süden Israels. Die Angreifer töteten rund 1.200 Menschen und verschleppten mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen. Seit Kriegsbeginn kamen nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.000 Palästinenser in Gaza ums Leben.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung