US-Gesundheitsministerium streicht Millionengelder für Entwicklung von mRNA-Impfstoffen

Washington – Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat nach eigenen Angaben begonnen, mehrere Verträge für die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen mit einem Gesamtvolumen von knapp einer halben Milliarde US-Dollar aufzukündigen. Es sollen auch keine derartigen neuen mRNA-basierten Projekte initiiert werden.
„Wir haben die wissenschaftlichen Daten geprüft, den Experten zugehört und wir handeln“, erklärte US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy gestern. Die zuständige Behörde des Gesundheitsministeriums beende 22 Investitionen in die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen. Insgesamt belaufe sich der Wert der Projekte auf fast 500 Millionen Dollar (432 Millionen Euro).
Daten zeigten, dass diese Impfstoffe keinen wirksamen Schutz vor Infektionen der oberen Atemwege wie COVID-19 und Grippe böten, führte der Minister aus. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Technologie bei Atemwegsinfektionen mehr Risiken als Nutzen aufweise. Er ging nicht näher auf diese Abwägung ein.
Bezüglich der Wirksamkeit sprach Kennedy in einem Videostatement davon, dass bereits einzelne Mutationen des Virus diese Impfstoffe ineffektiv machen könnten. Er verwies auf die große Zahl an Infektionen mit der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 auch bei Geimpften. Auf das Thema Krankheitsschwere bezog er sich nicht.
In Deutschland betont etwa das Robert-Koch-Institut (RKI), dass die COVID-19-Impfstoffe gut vor schweren Erkrankungsverläufen schützten. Die Impfstoffe sind auch mehrfach an neu aufgekommene Virusvarianten angepasst worden. Wiederholte COVID-19-Impfungen verbessern einer Studie zufolge die Schleimhautimmunität. Von wissenschaftlicher Seite war auch kein vollständiger Schutz vor Infektion mit dem Virus behauptet worden.
Betroffen von den Kürzungen sind etwa die Entwicklung eines mRNA-Impfstoffes gegen die Vogelgrippe des US-Pharmakonzerns Moderna sowie Programme der Pharmariesen Pfizer und Sanofi. Bestimmte Projekte in der Endphase würden von der Maßnahme ausgenommen, um Mittel der Steuerzahler zu schützen, hieß es. Das US-Gesundheitsministerium will nun Gelder in die Entwicklung „sichererer“, breiterer Impfstofftechnologien umleiten, wie es hieß. Kennedy nannte etwa Ganzvirusimpfstoffe.
mRNA-Impfstoffe wurden während der Coronapandemie erstmals in großem Maßstab eingesetzt und retteten Millionen Menschenleben, wie unterschiedliche Berechnungen ergaben. Arbeiten der ungarischen Biochemikerin Katalin Karikó und des US-Immunologen Drew Weissman, die dafür den Boden bereiteten, waren 2023 mit dem Nobelpreis für Physiologie und Medizin ausgezeichnet worden.
Die beeindruckende Flexibilität und Geschwindigkeit, mit der mRNA-Impfstoffe entwickelt werden könnten, ebne den Weg für die Nutzung der neuen Plattform auch für Impfstoffe gegen andere Infektionskrankheiten, hatte das Nobelpreiskomitee erklärt.
Der frühere Direktor der Behörde BARDA (Center for the Biomedical Advanced Research and Development Authority), Rick Bright, sprach auf der Plattform X von einem schlechten Tag für die Wissenschaft und einem schweren Schlag für die nationale Sicherheit. „Diese Entscheidung wird gefährliche Auswirkungen haben.“ BARDA ist in den USA etwa für die Vorbereitung auf Gesundheitsrisiken wie Pandemien zuständig und war damit für die von Kennedy genannten Verträge zuständig.
Kennedy war früher ein angesehener Anwalt für Umweltrecht, bevor er zunehmend mit Verschwörungserzählungen für Aufmerksamkeit sorgte. Er sät seit längerer Zeit Zweifel an Impfungen und verbreitete darüber auch Falschinformationen. Im Mai besetzte Kennedy die Impfkommission ACIP, das US-Pendant zur Ständigen Impfkommission (STIKO), nach der Entlassung sämtlicher Mitglieder neu. Das Deutsche Ärzteblatt berichtete.
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