Ausland

WHO bedauert von Trump angekündigten Austritt der USA

  • Dienstag, 21. Januar 2025
/picture alliance, AP, Ross D. Franklin
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Washington – US-Präsident Donald Trump hat als eine seiner ersten Amtshandlungen den Austritt der USA aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angeordnet. Auch an den Verhandlungen über das internationale Pandemie­abkommen werde man sich nicht mehr beteiligen, heißt es in einem Präsidentenerlass von gestern.

Die WHO äußerte ihr Bedauern, aber auch die Hoffnung, dass die USA den Schritt überdenken. Man freue sich auf einen konstruktiven Dialog, um die Partnerschaft zum Wohle der Gesundheit und des Wohlergehens von Millionen Menschen weltweit zu erhalten, heißt es abschließend.

Fachleute reagierten mit Kritik auf Trumps Ankündigung und erwarten negative Folgen, sowohl für die globale Gesundheit als auch für die USA selbst. Es seien erhebliche internationale Ressourcen- und Machtverschiebungen zu erwarten, heißt es zudem in einem Beitrag im Journal of the American Medical Association (JAMA), der bereits einige Tage vor Trumps Amtsantritt auf den erwarteten Schritt und mögliche Folgen einging.

Die USA müssen ihre Austrittsabsicht schriftlich beim UN-Generalsekretär anzeigen. Dann dauert es ein Jahr, bis der Austritt wirksam wird. Manche Fachleute hoffen daher, dass Trump die Ankündigung lediglich als Druckmittel nutzt, um eigene Interessen etwa bei Reformen der WHO durchzusetzen, wie das US-Fachportal Stat berichtet.

Die USA sind mit Abstand der größte Beitragszahler der WHO. 2023 betrug ihr Anteil am Budget 18 Prozent. Der US-Beitrag in den Jahren 2022 und 2023 betrug 1,284 Milliarden Dollar. Die WHO werde analysieren, was ein US-Austritt für die Programme bedeute, sagte der Sprecher. Für Einzelheiten sei es noch zu früh.

Mit seinem Dekret wies Trump die US-Behörden an, den Transfer jeglicher Geldmittel, Unterstützung und Ressour­cen an die WHO zu stoppen. Zudem sollten „glaubwürdige und transparente“ Partner auf nationaler und interna­tio­naler Ebene identifiziert werden, die bislang von der WHO wahrgenommene notwendige Aufgaben überneh­men könnten.

Im JAMA-Beitrag wird hingegen argumentiert, es gebe keinen Ersatz für die WHO und es könne auch kein Staat allein grenzüberschreitenden Gesundheitsrisiken vorbeugen oder auf diese reagieren.

Trump erklärte zu dem Erlass, die WHO habe schlecht auf die Coronapandemie reagiert und fordere unfaire Beiträge von den Vereinigten Staaten. So habe China zwar vier Mal mehr Einwohner als die USA, zahle aber rund 90 Prozent weniger.

Bereits in seiner ersten Amtszeit 2020 hatte Trump den Austritt aus der WHO angekündigt und auch offiziell bei der Organisation eingereicht. Aber sein Nachfolger Joe Biden hatte den Schritt im Januar 2021 gestoppt, bevor der Austritt wirksam wurde.

Trump beklagte sich vor Journalisten im Weißen Haus, Biden habe dem Wiedereintritt mit einem Beitrag von 500 Millionen Dollar zugestimmt – während man wie China auch nur 39 Millionen Dollar habe zahlen können. Die WHO „hat uns abgezockt“, sagte Trump. „Alle zocken die Vereinigten Staaten ab – und damit ist es jetzt vorbei.“

Trump hatte der WHO 2020 schwere Vorwürfe im Umgang mit der Pandemie gemacht: Er beschuldigte die UN-Sonderorganisation, zu spät über die Gefahr des Coronavirus informiert zu haben und unter der Kontrolle der chinesischen Regierung zu stehen.

Die USA hatten die WHO 1948 mit gegründet. „Die Entscheidung, sich zurückzuziehen, schwächt den Einfluss Amerikas, erhöht das Risiko einer tödlichen Pandemie und macht uns alle weniger sicher“, schrieb der ehemaligen Direktor der US-Gesundheitsbehörde CDC, Tom Frieden, beim Kurznachrichtendienst X.

Trump müsse die Zustimmung des Kongresses einholen, eine Kündigungsfrist von einem Jahr einhalten und die Schulden der USA bezahlen, mahnte der US-Jurist und Direktor des WHO Collaborating Center on National and Global Health Law, Lawrence Gostin, auf X. Wie mehrere andere Fachleute appellierte er, Trump müsse die WHO viel eher stärken statt schwächen.

Mit dem Verlassen der Organisation verlören die USA zudem ihren bisherigen bevorzugten Zugang zu wichtigen Daten zur Epidemie-Überwachung, was die künftige Reaktion auf Gesundheitsgefahren aus dem Ausland behin­dern könne, so Gostin, der einer der Autoren des JAMA-Beitrags war.

Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wertete den angekündigten US-Austritt aus der WHO als „schweren Schlag“ für den internationalen Kampf gegen globale Gesundheitskrisen. Er verwies dabei auf den Weg­fall wesentlicher Teile der WHO-Finanzierung. Die Bundesregierung werde versuchen, Trump noch umzu­stimmen, kündigte Lauterbach an.

„Ohne den Beitrag der USA zur WHO wird es deutlich schwieriger, Ländern zu helfen, die vom Ausbruch von In­fektionskrankheiten oder Umweltkatastrophen betroffen sind“, erklärte Lauterbach in Berlin. „Viele Programme gegen die Folgen von Hungersnöten, Kriegen und Naturkatastrophen werden über diese Mittel bezahlt.“ Der US-Austritt gefährde „hunderttausende Menschen“ und insbesondere sehr viele Kinder.

Deutschland wolle weiterhin „eng mit den USA in globalen Gesundheitsfragen zusammenzuarbeiten“, betonte Lauterbach. Globale Gesundheitssicherheit liege im Interesse aller Nationen, auch der USA. Deutschland habe seine WHO-Beiträge in den vergangenen Jahren bereits erhöht. Denn die WHO sei nicht nur ein zentraler Pfeiler zur Bekämpfung und Vermeidung der nächsten Pandemie, sondern auch „für die zunehmenden gesundheitlichen Schäden des Klimawandels“.

Auch die Europäische Kommission reagierte mit Besorgnis. „Wenn wir den globalen Gesundheits­bedrohungen standhalten wollen, brauchen wir eine weltweite Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich", sagte die Kommis­sions­sprecherin für Gesundheitsfragen, Eva Hrncirova. Die EU vertraue darauf, „dass die US-Regie­rung all dies vor dem formellen Austritt berücksichtigen wird“.

Das chinesische Außenministerium erklärte, Peking werde die WHO weiterhin dabei unterstützen, ihre Aufgaben zu erfüllen und „Gesundheit für die Menschheit“ zu fördern. „Die Rolle der WHO sollte noch gestärkt statt ge­schwächt werden“, betonte Ministeriumssprecher Guo Jiakun.

Trumps Entscheidung fällt zu einem Zeitpunkt wachsender Furcht vor einer möglichen Pandemie durch das Vogelgrippevirus H5N1. In den USA haben sich bereits dutzende Menschen mit dem Virus infiziert, ein Mensch starb.

Wichtigste Aufgabe der WHO ist es, Gesundheit als Menschenrecht weltweit durchzusetzen. Die Pflichtbeiträge der Mitgliedstaaten orientieren sich an ihrer Wirtschaftskraft und ihrer Bevölkerungsgröße. Der größte Teil des WHO-Budgets stammt jedoch aus freiwilligen Zahlungen von Staaten oder Spendern.

Die WHO trug maßgeblich dazu bei, dass mehrere schwere Krankheiten ausgerottet oder weitgehend eingedämmt wurden, darunter die Pocken und die Kinderlähmung.

Neben dem WHO-Austritt hat Trump eine ganze Reihe weitere Dekrete unterschrieben. Darunter ist auch eine Verordnung, die den Austritt des Landes aus dem Pariser Klimavertrag auf den Weg bringen soll.

ggr/dpa/afp

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