Ausland

WHO macht Druck: Chinas mangelnde Corona-Transparenz „unentschuldbar“

  • Dienstag, 11. April 2023
/Enteng, stock.adobe.com
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Genf – Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat eine Vertreterin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Chinas Kooperation bei der Erforschung des Coronavirus angemahnt. Die ranghöchste COVID-19-Expertin der WHO, Maria Van Kerkhove, kritisierte in einem Kommentar in der US-Fachzeitschrift Science etwa, dass chine­sische Wissenschaftler Daten von Virenproben aus der Metropole Wuhan drei Jahre lang zurückgehalten hatten.

„Die mangelnde Offenlegung von Daten ist einfach unentschuldbar“, schrieb die Epidemiologin, die seit Be­kanntwerden der ersten Infektionen in Wuhan die Weltöffentlichkeit über die Coronalage informiert. Die WHO erfuhr erst Mitte März dieses Jahres von bestimmten genetischen Informationen aus der zentral­chinesischen Metropole, nachdem diese kurzzeitig auf einer internationalen Datenbank zugänglich waren.

Die Daten geben laut Van Kerkhove wichtige Hinweise auf die Bedeutung eines Marktes in Wuhan für die ursprüngliche Verbreitung des Virus. Nötig seien jedoch etwa noch Blutuntersuchungen von Arbeitern der Lebendtiermärkte in Wuhan oder der Ursprungsfarmen der Tiere.

Die WHO-Expertin forderte die sofortige Bereitstellung von relevanten Daten zum Ursprung des Virus. Je mehr Zeit verstreiche, desto schwerer werde die Forschungsarbeit, die für die Verhinderung künftiger Aus­brüche wichtig sei. „Die Zeit läuft davon“, warnte sie.

Anfang März hatten Aussagen von FBI-Direktor Christopher Wray in den USA Spekulationen über eine Labor­panne in China als Ursprung des Coronavirus neu entfacht.

Van Kerkhove betonte, dass alle Hypothesen zum Ursprung des Virus aufrechterhalten blieben, solange nicht genug Informationen vorlägen. China habe etwa Ergebnisse seiner Laborüberprüfungen noch nicht bereitge­stellt. Außerdem habe die WHO noch immer keinen Zugriff zu Rohdaten über die ersten Coronafällen in China.

Seit Beginn der Pandemie hat China die Sorge, dass ihm die Schuld für den weltweiten Ausbruch zugescho­ben wird. Regierung und Staatsmedien verfolgen seither eine massive Desinformationskampagne, die auf die Möglichkeit abhebt, dass das Virus auch aus dem Ausland gekommen sein könnte und nicht aus China stammte.

Die Rivalität mit den USA und die Debatte über die Laborthese haben die Frage nach der Herkunft des Virus zunehmend politisiert. Erst im Jahr 2021 konnte eine gemeinsame Untersuchungskommission mit WHO-Experten nach Wuhan reisen. Eine Fortsetzung der Ermittlungen kam nicht zustande.

„Die WHO fordert China und alle Länder weiterhin auf, alle Daten über die Herkunft von SARS-CoV-2 unver­züg­lich auszutauschen“, schrieb Van Kerkhove. „Die Welt muss sich von der Schuldzuweisungspolitik verab­schieden.“ Stattdessen solle sie alle diplomatischen und wissenschaftlichen Ansätze nutzen, um zusammen­zuarbeiten, Lösungen zu finden und zukünftige Pandemien zu vereiteln.

Der Leiter des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention wies die WHO-Kritik zurück. Die Kritik sei „beleidigend und respektlos“, sagte Shen Hongbing. China habe demnach stets „aktiv Forschungser­gebnisse mit Wissenschaftlern aus aller Welt geteilt“. Zudem warf Shen der WHO vor, „China zu verleumden“ und die Suche nach dem Ursprung des Virus zu politisieren.

dpa

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