Ausland

WHO vor immensen Herausforderungen in der Ukraine

  • Freitag, 21. Februar 2025
/picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Kherson Regional Military Administration
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Berlin – 9,2 Millionen Menschen in der Ukraine werden im laufenden Jahr auf gesundheitliche Unterstützung durch humanitäre Hilfsorganisationen angewiesen sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) werde davon maximal ein Drittel bedienen können, erklärte ihr Ukraine-Repräsentant Jarno Habicht heute in Genf.

Ziel der WHO ist es demnach, drei Millionen Menschen Unterstützung zukommen zu lassen. Dafür würden mehr als 130 Millionen US-Dollar benötigt, betonte er. Seit dem angekündigten Austritt der USA aus der WHO herrschen in der UN-Organisation große Sorgen über die zukünftige Finanzierbarkeit der eigenen Hilfsprogramme.

Bisher trugen die USA rund ein Fünftel des WHO-Budgets. Bei der Tagung des Exekutivrates Anfang Februar äußerten Mitglieder Befürchtungen, dass das Geld bereits in diesem Jahr knapp werden könnte.

Vor diesem Hintergrund berichtet Habicht nun von den kritischen Zuständen im Land und erinnert an die Bedeutung von Hilfsprogrammen. „Zu den vielen alltäglichen Sorgen zählen der Zugang zu und die Bezahlbarkeit von Gesundheitsleistungen“, sagte Habicht.

Angesichts der fortgesetzten Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen sei für viele Menschen nicht klar, ob das Krankenhaus oder die Arztpraxis in ihrer Nähe am nächsten Tag noch erreichbar sei. Erst vergangene Woche habe ein nächtlicher Angriff in der Hafenstadt Odessa das größte Kinderkrankenhaus der Region getroffen. Insgesamt habe die WHO in den vergangenen drei Jahren 2.209 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen dokumentiert.

„Dabei es nicht nur um Gebäude, sondern um zerstörte Leben, verweigerte Pflege, aufgeschobene Zukunftsperspektiven. Und es geht um den immensen Druck, der auf dem Gesundheitspersonal lastet, das erschöpft, aber heldenhaft rund um die Uhr arbeitet“, mahnte Habicht.

Zahlen der WHO zufolge berichten 25 Prozent der rund 40 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, dass sich ihr Zugang zu medizinischer Versorgung seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 verschlechtert habe.

82 Prozent hätten demnach Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Arzneimitteln, 35 Prozent berichteten davon, dass sie Behandlungen aufschieben. 60 Prozent würden unter psychischen Belastungen leiden, die ihre Gesundheit beeinträchtigen.

„Das ist die Realität für unzählige Familien in der Ukraine drei Jahre nach der verheerenden Invasion“, so Habicht. „In Zukunft brauchen wir mehr denn je Durchhaltevermögen, Solidarität und Unterstützung. Die Menschen in der Ukraine zählen auf uns.“

Auch die Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtet an der Schwelle zum vierten Kriegsjahr von einer Verschärfung der humanitären Lage. „Das ukrainische Gesundheitssystem steht unter enormem Druck, da es den Spagat zwischen Notfallmaßnahmen und der langfristigen Versorgung der vom Krieg betroffenen Patienten bewältigen muss“, erklärte die Hilfsorganisation.

Seit drei Jahren seien Drohnen- und Raketenangriffe an der Tagesordnung. Dabei würden mitunter Städte getroffen, die mehr als tausend Kilometer von der Frontlinie entfernt seien. Viele medizinische Einrichtungen müssten sich deshalb darauf einstellen, Patienten in Bunkern oder Kellern zu behandeln. Erschwert werde das noch durch häufige Stromausfälle aufgrund von Angriffen auf die Energieinfrastruktur.

2023 und 2024 habe Ärzte ohne Grenzen 755 Patienten versorgt. Innerhalb eines Jahres sei die Zahl der Patienten, die eine postoperative Versorgung nach einer Beinamputation benötigten, um zehn Prozent gestiegen. Im Jahr 2024 sei bei der Hälfte aller behandelten Patienten entweder eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine Depression diagnostiziert.

Zudem hätten die mobilen Klinik- und Ambulanzteams von Ärzte ohne Grenzen 2024 einen deutlichen Anstieg der Überweisungen von Patienten mit chronischen Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Problemen, Diabetes und Krebs verzeichnet. Hätten diese 2023 noch Fälle 24 Prozent aller Überweisungen ausgemacht, seien es 2024 bereits 33 Prozent gewesen.

lau

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