WHO warnt vor vorzeitiger Ablehnung von Astrazeneca-Impfstoff

Genf – Trotz mehrerer Rückschläge für den Coronaimpfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens Astrazeneca haben die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die COVAX-Initiative davor gewarnt, das Vakzin vorzeitig abzuschreiben.
Es sei „viel zu früh“, den Impfstoff von Astrazeneca als zu wenig wirksam abzutun, sagte der Leiter der Forschungsallianz CEPI gestern vor Journalisten. Im Kampf gegen das Coronavirus sei es „absolut entscheidend“, alle verfügbaren Mittel „so effektiv wie möglich zu nutzen“.
CEPI, die Impfallianz Gavi und die WHO leiten gemeinsam die COVAX-Initiative, die sich der fairen Verteilung von Coronaimpfstoffen verschrieben hat. Ziel ist es, beispielsweise auch medizinisches und Pflegepersonal in Entwicklungsländern prioritär gegen das Coronavirus zu impfen.
In der ersten Hälfte dieses Jahres plant COVAX die Verteilung von mehr als 337 Millionen Coronaimpfstoffdosen in insgesamt rund 145 Ländern. Fast alle der Dosen sollen von Astrazeneca kommen. Studien hatten zuletzt jedoch Zweifel an der Wirksamkeit des Präparats aufkommen lassen.
Mehrere europäische Länder – darunter auch Deutschland – haben den Impfstoff bisher nur für die Unter-65-Jährigen zugelassen, weil belastbare Daten für die Wirksamkeit des Impfstoffs bei älteren Menschen fehlen.
Südafrika verkündete vorgestern sogar, den Start seiner Coronaimpfkampagne zu verschieben. Hintergrund ist eine Studie, der zufolge der Impfstoff von Astrazeneca nicht umfassend gegen die zuerst in Südafrika entdeckte Coronamutante wirksam ist.
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus bezeichnete die Studienergebnisse gestern als „eindeutig besorgniserregend“. Zugleich verwies er auf einige „wichtige Vorbehalte“ gegenüber der Studie. So sei diese mit nur 2.000 Teilnehmern klein gewesen.
Die Leiterin des Bereichs Impfstoffe der WHO, Kate O'Brien, wies auch auf andere Studien hin, die gezeigt hätten, dass der Astrazeneca-Impfstoff gegen schwere Verläufe von COVID-19 schützen könne – auch bei Infektionen mit der zuerst in Südafrika entdeckten Mutante B.1.351.
Der WHO-Notfalldirektor Michael Ryan betonte, dass es in der aktuellen Situation wichtig sei, alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um die Pandemie unter Kontrolle zu bringen. Wichtigstes Ziel der Impfungen sei es derzeit, die Zahl der Patienten in Krankenhäusern sowie die Todesfälle zu reduzieren.
„Wir brauchen möglicherweise bessere Impfstoffe, um mehr zu tun als nur die Todesfälle und Krankenhausaufenthalte zu stoppen“, sagte Ryan. Im „Katastrophenmanagement“ müsse jedoch „getan werden, was getan werden kann“.
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