Aids-Seuche in Südafrika: Wenigstens den Sterbenden beistehen
Weil der Kampf gegen Aids im südafrikanischen Zulu-Land fast aussichtslos ist, gründete ein deutscher Pater dort ein Hospiz-Zentrum. So kann der ausgebildete Rettungs-Sanitäter die häufig überforderten Familien bei der Pflege ihrer todkranken Verwandten unterstützen.
Mandeni im Osten Südafrikas: Mit mehr als 50 Prozent Arbeitslosigkeit und einer Aidsdichte von 88 Prozent ist das Elend in dieser Region programmiert. Unterstützung von der Regierung gibt es keine – die weiß selbst nicht, wo sie das Geld hernehmen soll. Ein paar Hilfsorganisationen versuchen die schlimmste Not hier zu lindern. Unter ihnen: Die Brotherhood of Blessed Gerard, die Bruderschaft des Seligen Gerhard. Gründer der Hilfsgemeinschaft: Ein deutscher Pater.
Ein gleichmäßiges Surren schwirrt in der Luft von Ward Two – die Umluftanlage läuft rund um die Uhr. Acht der neun Betten des Krankenzimmers sind belegt. Agnes (57) liest ein Magazin über Hollywood-Klatsch, im Nachbarbett liegt Hlengiwe (24) und starrt regungslos auf den Fernseher, der über der Holztür des Zimmers hängt – Sesamstraße auf Afrikaans. Hlengiwe versteht nur Bruchstücke der Sendung, sie spricht wie die meisten hier nur Zulu, die Sprache ihres Volksstammes. Seit gestern ist eine Neue da: Sindi. Die 15-Jährige liegt zusammengekrümmt auf ihrer Matratze und weint. Sie hat Schmerzen in den Beinen, aber die sind nicht der Grund für ihre Tränen. Sindi hat Angst, denn sie weiß, warum sie hier ist: Zum Sterben, denn sie alle haben Aids.
„Der Fall von Sindi ist besonders tragisch“, erklärt Pater Gerhard (48). Da sie sich bereits mit 15 im Endstadium der Virus-Erkrankung befindet, kommen nur zwei Möglichkeiten infrage. „Entweder sie war bereits über Jahre hinweg sexuell sehr aktiv – was in ihrem Alter aber wohl auszuschließen ist. Die andere Möglichkeit ist sexueller Missbrauch.“ Wäre Sindi schon von Geburt an mit dem Virus infiziert gewesen, würde sie schon nicht mehr leben. Diese Kinder sterben bereits mit zehn oder zwölf Jahren.
Für Pater Gerhard, der seit 13 Jahren in Mandeni an der Ostküste Südafrikas lebt, gehören solche Schicksale zum Alltag: Mit dem Bau einer großen Papierfabrik vor 40 Jahren kamen auch die Probleme in die Gegend mit circa 250 000 Einwohnern. Das schnelle Geld lockte - Arbeitslosigkeit, Slums, Kriminalität, Prostitution sind die Folge. Mit einer Aidsdichte von 88 Prozent liegt der Ort in KwaZulu Natal, dem Land der Zulu, heute an der Weltspitze.
Als Pater Gerhard, der in Bayern geboren ist, 1990 als Missionar in die Gemeinde gesandt wird, weiß er gar nicht, wo er mit der Arbeit beginnen soll: „Ich wollte den Leuten hier von Gott erzählen, aber als ich das Elend hier sah, wusste ich: Wenn Du da nicht auch hilfst, hört dir eh keiner zu.“ So gründete er zwei Jahre später mit engagierten Mitgliedern seiner Gemeinde die Brotherhood of Blessed Gerard, die Bruderschaft des Seligen Gerhard und 1996 das dortige Hospizzentrum. Für Pater Gerhard ideal, wollte er doch in seiner Kindheit immer Arzt werden. Nach einer Laufbahn als Rettungssanitäter, Ausbilder und zuletzt als Diözesanreferent bei den Maltesern seiner Heimatstadt Regensburg, entschied er sich nach dem Abitur aber zum Theologiestudium. Durch die Gründung der ersten Hilfsorganisation des Malteserordens in Afrika kann er nun beides verbinden: Sein medizinisches Wissen und den Glauben an Gott.
Arbeit gibt es genug. Häufig sitzt Pater Gerhard bis spät nachts an seinem Computer, beantwortet Post und erledigt Schreibkram. Tagsüber fährt er mit dem Krankenwagen in den Busch und besucht Patienten, deren Familien das Zentrum um Hilfe gebeten haben. Pater Gerhard: „Oft finde ich dann Kranke, die in Decken gehüllt am Boden liegen. Manchmal in ihren eigenen Exkrementen.“ Wenn, wie in solchen Fällen, die Familie ganz offensichtlich mit der Pflege des Verwandten überfordert ist, wird der Patient umgehend ins Hospizzentrum transportiert und stationär aufgenommen. Ein selbstständiger Arzt aus Mandeni unterstützt di
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: