Allgemeinmedizin in Schweden

Im Mai 2001 verliess ich meinen festen Arbeitsplatz und die Hektik Berlins um in der schwedischen Landschaft Östergötland, die ca 150 km suedwestlich von Stockholm liegt, als Allgemeinarzt zu arbeiten. Aufmerksam auf den in ganz Schweden herrschenden Ärztemangel wurde ich durch eine Informationsveranstaltung in der schwedischen Botschaft Berlin, die im November 2000 durchgefuehrt wurde. Mehrere schwedische Verwaltungsämter waren angereist und informierten ueber Arbeits-, und Lebensbedingungen fuer Ärzte sämtlicher Fachgruppen in Schweden.
Bereits im Januar 2001 kamen dann die ersten Einladungen und so bereiste ich die unterschiedlichsten Landschaften um mir vor Ort ein Bild zu machen, ob ich mir eine berufliche Zukunft in diesem wunderbaren Land vorstellen konnte. Östergötland mit seinen fuer schwedische Verhältnisse grossen Städten Linköping und Norrköping zeichnete sich besonders durch die konkreten Arbeitsangebote und durch ein strukturierte Informationsveranstaltung in aus, so dass meine Wahl schnell getroffen war.
In den 4 Tagen, in denen wir in einem der besten Hotels der Stadt untergebracht waren, trafen wir Vertreter der Länderverwaltung, deutsche Ärzte, die bereits hier arbeiten, sogenannte Studiendirektoren, die fuer die Ausbildung von Allgemeinmediziner zuständig sind, sowie Sachbearbeiter, die die praktischen Fragen eines Umzuges in ein fremdes Land fachkundig erörterten.
Jeder der 13 eingeladenen Ärzte wurde in unterschiedliche medizinische Behandlungszentren (vårdcentral) gefahren, wo wir uns ein Bild ueber die allgemeinmedizinische Versorgung der Bevölkerung machen konnten. Ich suchte mir die mittelalterliche Stadt Söderköping aus, die herrlich im Schärengebiet der Ostsee gelegen nur 15 km suedlich von Norrköping entfernt ist.
Jedem der im medizinischen Behandlungszentrum Söderköping arbeitenden 6 Ärzte ist ein Gemeindegebiet mit durchschnittlich 1500 Bewohnern zugeteilt.
Mit jedem Arzt arbeitet eine Distriktskrankenschwester und zwei Unterkrankenschwestern und eine Ärztesekretärin. Während die Unterkrankenschwestern bei der täglichen Versorgung der Patienten assistieren, arbeitet eine Distriktskrankenschwester selbstständig und hat auch eigene Sprechstunden. Das Aufgabengebiet einer Distriktskrankenschwester ist in Schweden breiter gefächert als in Deutschland, was meine tägliche Arbeit erheblich vereinfacht.
Es gibt eine Asthma-, und eine Diabeteskrankenschwester, sowie eine Kinderkrankenschwester und eine Hebamme. Dem Behandlungszentrum sind drei Krankengymnasten und 3 Arbeitstherapeuten angegliedert, die die medizinische Rehabilitation sicherstellen. Eine Sozialarbeiterin ist ebenfalls täglich anwesend.
Ein Allgemeinmediziner in Schweden ist immer die erste Anlaufstelle fuer Patienten. Ueberweisungen zu Fachärzten sind seltener, denn leider bestehen aufgrund des Ärztemangels lange Wartezeiten. Teilweise dauert es bis zu 3 Monate, bis ein Patient einen Orthopäden oder einen Hautarzt aufsuchen kann, - von Notfällen natuerlich abgesehen.
Die Arbeitszeit als Allgemeinmediziner ist genau geregelt, d. h. zwischen 7.45 und 17 Uhr und jede Minute Mehrarbeit wird entweder in Geld oder in Freizeit abgegolten. Die Fruehstuecks-, Mittags-, und Kaffepausen sind heilig und bieten Gelegenheit, alle Mitarbeiter einer vårdcentral bei einer Tasse Kaffe und einem kleinen Happen zu treffen.
Gewöhnungsbeduerftig sind die fast täglichen Konferenzsitzungen. Bevor eine Entschluss gefasst wird, muss man sich erst im grossen Rahmen treffen und darueber diskutieren, bis das Ergebnis dieser Sitzung schriftlich fixiert ist. Das kann Wochen dauern und selbst kleinste Veränderungen in einer vårdcentral werden peinlichst genau analysiert, bevor eine Entscheidung gefällt wird.
Wenn man noch nicht Allgemeinmediziner ist, so legt der zuständige Studiendirektor zusammen mit einem zugeteilten Mentor einen Studienplan fest. Ich hielt es z.B. fuer nötig meine Kenntnisse in Gynäkologie und Kinderhei
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