Blick ins Ausland

Als Ärztin in Singapur: Kampf um die Zulassung

  • Montag, 22. November 2004

„Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass eine fachliche Anerkennung von Absolventen einer deutschen Universität im Fach Medizin in der Vergangenheit in Singapur nicht erfolgt ist. Als Ärztin mit deutschem Examen haben Sie daher grundsätzlich keine Berechtigung, in Singapur zu praktizieren.“ (Deutsche Botschaft in Singapur, Januar 2002).

Das Angebot einer mehrjährigen Auslandsdelegation an meinen Mann kam nicht ganz überraschend, das Ziel Singapur war aber doch exotischer als erwartet. Ich hatte gerade meine Facharztprüfung für Innere Medizin abgelegt und war, obwohl erst kürzlich in die Position einer Oberärztin gewechselt, doch offen für neue auch ungewöhnliche Erfahrungen.

Die ersten Recherchen brachten jedoch ernüchternde Ergebnisse. Eine Anfrage bei der Bundesärztekammer ergab, dass diese keinerlei Informationen über Arbeitsmöglichkeiten in Singapur hatte und auch kein Abkommen über eine gegenseitige Anerkennung von Weiterbildungsabschlüssen existierte. Auch ein Kontakt mit der Deutschen Botschaft in Singapur war eher entmutigend. Erst eine Anfrage bei der singapurianischen Botschaft in Berlin half weiter. In der Tat erkannte das Singapore Medical Council bislang nur die Abschlüsse von ausgewählten Universitäten in den USA, Kanada, Australien und Großbritannien an. Aufgrund einer zunehmenden Ärzteknappheit sei diese restriktive Politik aber kürzlich gelockert worden, sodass sich auch Absolventen anderer Hochschulen in Einzelfallprüfungen um eine zeitlich begrenzte Zulassung bemühen könnten. Ein Deutscher habe das bislang aber noch nicht versucht. Für weitere Informationen wurde ich an das Singapore Medical Council verwiesen. Im Kontakt mit diesem wurden zwei Dinge schnell klar. Ein Antrag auf temporäre Zulassung kann erst dann gestellt werden, wenn man in Singapur einen potenziellen Arbeitgeber hat, der diesen unterstützt. Ferner würde mein deutscher Facharzt wohl nicht anerkannt werden.

Rasch reifte bei mir der Entschluss, nach Singapur zu fliegen, um die dortigen Krankenhäuser zu besuchen und mich um eine Anstellung zu bewerben. Hierfür kamen letztlich nur die großen staatlichen Krankenhäuser in Betracht. Auch mein vorwiegendes Interesse an Hämatologie/Onkologie schränkte die Auswahl ein.

Nach Wochen der Ungewissheit kam die große Überraschung: ein Stellenangebot der hämatologischen Abteilung des Singapore General Hospitals. Das Krankenhaus ist das größte Singapurs und gehört zu einer der beiden staatlichen healthcare groups, die neben einigen privaten Häusern die Gesundheitsversorgung des Stadtstaates sicherstellen. Die hämatologische Abteilung unter der Leitung von Prof. Patrick Tan versorgt rund 80 Prozent aller hämatologischen Patienten Singapurs und gilt in Südostasien für Patienten aus Malaysia, Indonesien und den Philippinen, die es sich leisten können, als das Zentrum der Wahl. Die Abteilung verfügt neben zwei großen Stationen inklusive einer Transplantationseinheit mit elf Betten über ein voll ausgestattetes hämatologisches Labor, eine Tagesklinik und eine große Ambulanz.

Zwischen Stellenangebot und Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses vergingen noch einmal mehr als sechs Monate. Diese waren ausgefüllt mit zähen Verhandlungen mit dem Singapore Medical Council über meine Zulassung. Erschwerend kamen hier die fehlende Erfahrung mit deutschen Bewerbern sowie die Unterschiede zwischen deutschem und singapurianischem Aus- und Weiterbildungssystem hinzu. Alle Zeugnisse, aber auch eine Kurzfassung der Studienordnung und die Weiterbildungsordnung zum Internisten mussten ins Englische übersetzt werden. Ohne die Unterstützung der Personalabteilung des Singapore General Hospital, der Landesärztekammer Baden-Württemberg und der Universität Heidelberg bei der Beschaffung zahlreicher Bescheinigungen wären meine Bemühungen vielleicht gescheitert.

Im November 2002 zog ich nach Singapur und Anfang Januar 2003 trat ich meine Stelle als „Clinical Associate“ in der Hämatologie an.

Bereits der Arbeitsvertrag ve

Dr. med. Gudrun Tauchmann

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