Blick ins Ausland

August 2004: Praktikum in Russland

  • Sonntag, 14. August 2005
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„Schelesnodoroschnaja Bolniza“ (Eisenbahnkrankenhaus) (oben) - Aleksandar Æirkoviæ (r.)beim Tee mit Renat Schamiljewitsch (li.) und einem seiner Kollegen

Vom 11. August bis zum 4. September 2004 verbrachte ich dreieinhalb Wochen in Ufa. Hierzulande ist die Großstadt am Fuße des Ural relativ unbekannt, dort ist sie Hauptstadt der Republik Baschkortostan der Russischen Föderation. Ich arbeitete für mein Medizinstudium als Praktikant an einem der Krankenhäuser der Stadt und wohnte bei Oxana, einer Freundin.

Dienstag, 10. August, 6.55 Uhr, Berlin-Tegel: Abflug bei 30 Grad im Schatten und keiner Wolke am Himmel.
Mittwoch, 11. August, 22 Uhr, Bahnhof Ufa: neun Grad, Regen, Matsch, Oxanas Vater holte mich ab.

Dazwischen lag ein Tag in der russischen Eisenbahn, mit der ich von Moskau nach Ufa reiste. Das Abteil teilte ich mit zwei hübschen Ufaer Frauen und einem Soldaten – und das nicht allzu nüchtern. Zuvor war ich beim Fahrkartenkauf von einem „nicht zuständigen“ Schalter zum anderen geschickt worden und hatte dabei zwischen drei verschiedenen Bahnhöfen hin und her rennen müssen. Danach hatte ich mich zur Erholung mit einem Bierchen gemütlich am Bahnsteig in der Schwüle Moskaus niedergelassen. Nun hatte mein Weggefährte Andrej, der nette junge Soldat, der mit im Abteil sitzen sollte, die fabelhafte Idee, Bier zu kaufen. Hätte er mich nur vorgewarnt, dass er so lange Nachschub kaufen würde, wie wir noch stehen konnten…

Als Iwan, Oxanas Vater, mich am Bahnhof abholte, hatte er wohl nicht damit gerechnet, dass ich als Koffer ein Wunderwerk der Technik auf zwei Walzen mitgebracht hatte. Ich hatte es daheim schon ausprobiert: Hätte ich kein Flugticket bekommen, so hätte ich ohne weiteres selbst in den Koffer gepasst. Iwan war aber nicht mit einem „normalen“, sondern mit einem „marshrutnoe taksi“ gekommen. Das sind Kleinbusse, die proppenvoll durch Ufas Straßen rasen. Mit meinem Monstrum von Koffer wurde es ein wenig hektisch, aber letzten Endes retteten wir uns durch die Krater und Pfützen der Nebenstraßen dann doch bis ins wohlige Zuhause. Zum Aufwärmen bekam ich natürlich erst mal einen Wodka. Der Tag war gerettet.

Donnerstag, 12. August: „Schelesnodoroschnaja Bolniza“ (Eisenbahnkrankenhaus): Erstes Treffen mit meinem neuen „Ziehvater“ Igor Andrejewitsch Paltusow, leitender Chirurg und ein Bekannter von Iwan. Bei dieser Begegnung war ein junger Arzt anwesend, der alles mitschrieb, was mein Gegenüber im Gespräch über mich erfuhr. Er sagte kaum etwas. Später würde ich erfahren, dass dieser junge Kollege Pawel Petrowitsch war, seines Zeichens der coolste Arzt, der mir je untergekommen ist.

Ich kam auf die Station „gnojnaja hirurgija“ (septische Chirurgie) und bekam schnell einen ersten Eindruck von der Einrichtung. Das Gebäude war steinalt, Sowjet-Bau der 60er-Jahre, die Gänge düster, aber trotz aller Widrigkeiten war es sehr sauber. Und die Ärzte? Zwei von ihnen saßen bei meiner Ankunft im Arztzimmer an ihren sehr modernen Computern. Der eine hieß Renat Schamiljewitsch und wirkte eher besonnen. Der andere war ein richtiger Bär: Juri Iwanowitsch. Sie unterhielten sich, und mit wurde klar, dass ich meine Russischkenntnisse noch ein wenig würde verbessern müssen, um im Krankenhaus mitzukommen. Im Prinzip verstand ich vom Krankenhaus-Russisch bis dato nur Bahnhof.

Freitag, 13. August: erster Arbeitstag. Ich zog mich im Arztzimmer um und wurde gleich zur Dienstbesprechung mitgeschleppt. Die Schwestern siezten die Doktoren, während die Ärzte die Pflegekräfte duzten. Die Schwestern und manche Ärzte trugen Hauben, wie man sie hierzulande nur bei Köchen sieht. Danach ging es gemeinsam zur Intensivstation. Dort sah es dann doch etwas traurig aus. Das einzige, was die Intensivstation von den normalen Krankenzimmern zu unterscheiden schien, war die Dienst habende Schwester, die mit einem Wählscheibentelefon zentral postiert war und im Notfall wohl Hilfe holen sollte. Danach gingen Renat Schamiljewitsch und ich noch zur Visite auf unsere Station. Bezüglich meines Namens schlug er vor, mir einen „Vatersnamen“ zu geben. Sonst wäre es schwierig für alle, mich korrekt anzusprechen

Aleksandar Æirkoviæ

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