Englischer Zaubertrank
Ob ich gerne ein Gebräu („brew“) hätte, werde ich netterweise mehrmals täglich gefragt. Anfangs habe ich meist dankend abgelehnt, aber inzwischen trinke ich gern mal mit. Getrunken wird bei der Arbeit natürlich kein Bier, wie man gemeinhin in deutschen Breiten bei dem Begriff Gebräu vermuten könnte, sondern der berühmte englische Tee.
Selbst auf kargsten Stationen finden sich immer „cettle“ (der Wasserkocher) und Teebeutel, um ein „brew“ zu zaubern. Der Teekonsum ist tief in der englischen Gesellschaft verankert. Neulich freute sich die englische Boulevardpresse, dass sogar Prinz Harry während seiner Afghanistan-Mission reihum wie alle anderen „brew bitch“ sein und die anderen mit Tee bedienen musste. Aus dem Arbeitsalltag ist der gemeinsame Tee als sozialer Event kaum wegzudenken. Und auch Patienten werden bei unangenehmen Prozeduren, wie zum Beispiel Blutabnahmen, mit dem Versprechen einer anschließenden Tasse Tee gelockt. Zu meinem Erstaunen wirkt das mitunter als Motivation.
Trotzdem scheiden sich auch hier die Geister. Ein Kollege würde den billigen auf den Stationen vorrätigen Tee nie anrühren und bringt sich immer in Frischhaltebeuteln seinen eigenen Earl Grey mit. Ironisch vermutete ein anderer Kollege einen linearen Zusammenhang zwischen seinem Anspruch an die Teesorte und seiner Sozialisation in privaten Internaten. Persönlich ist mein Geschmackssinn hier noch nicht so ausgereift, aber ein Keks dazu schmeckt immer lecker.
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