Königliche Examen II
Zu Grundschulzeiten verteilte unsere Lehrerin immer Sternchen-Stempel an die besonders fleißigen oder gut erzogenen Schüler. Zehn Sterne ergaben einmal Hausaufgaben frei. Neulich habe ich dann eine andere Art von Stern bekommen, denn mit dem Erwachsenwerden werden die Sterne auch wichtiger. Schon beim letzten Mal habe ich über die Examen des „Royal College of Psychiatrists“ berichtet. Der vierte und womöglich auch schwierigste Teil dieser Examen ist eine praktische Prüfung.
Bei den „Clinical Assessment of Skills & Competencies examinations“, kurz CASC genannt, müssen binnen eines vorgegebenen Zeitraumes Stationen durchlaufen werden, in denen das klinische Können abgeprüft wird. Dies ist der ähnlich den OSCE Prüfungen, nur eben fachspezifisch. Beispielsweise könnten die Stationen, für die je circa 6-10 Minuten vorgesehen sind (Trillerpfeifen Signal), neurologische Untersuchungen, EKG Auswertungen mit therapeutischer Empfehlung in Bezug auf ein neues Antidepressivum, Aufklärungsgespräche oder Anamnesen abfragen.
Die „Patienten“ sind professionelle Schauspieler und mitunter ziemlich gnadenlos sind (wie beispielsweise der Maniker, der jede Frage mit einer Gegenfrage beantwortet, oder der Angehörige, der den Arzt nicht zu Wort kommen lässt). Die Prüfungssituationen sind realistisch, aber der Druck und die Anforderungen sind hoch. Schon Kleinigkeiten, wie die im Stress vergessene Vorstellung oder unstrukturierte Fragetechnik, führen zu Punktabzügen.
Daher kommt es auch hier zu hohen Durchfallquoten von bis zu zwei Dritteln, die bei einem Antrittsgeld von 850 Euro schon schmerzen können. Für die „Deaneries“ (ähnlich den Bundesländern) ist es eine Frage der Ehre, dass ihre Trainees gut abschneiden. Daher wird bei uns jährlich ein „Progress Test“ angeboten, in dem man einen Zirkel ähnlich wie bei den CASC Examen durchläuft und über den man dann Rückmeldung bezüglich der eigenen Fortschritte bekommt.
Neulich war es soweit. Knapp drei Stunden lang wurden wir in einem recht realistischen Parcours über gut 2 Stunden geprüft. Die anschließende Rückmeldung kam in Form eines Sterns auf einem Auswertbogen, der idealerweise ein Kreis wäre, jedoch immer zackig aussieht (da niemand mit voller Punktzahl in allen Stationen aufwarten kann). Und ähnlich wie zu Schulzeiten war auch hier das Wettbewerbs-Gen gleich geweckt: „Wie sieht dein Stern denn so aus?“
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