Intimsphäre wahren und Empathieverhalten überdenken
Klinische Einordnung
Ernil Hansen, Facharzt für Anästhesiologie an der Universität Regensburg, betont in seinem Kommentar zu dem Fall, dass medizinisches Personal nicht nur durch Behandlungen wirkt, sondern ebenso durch Worte, Auftreten und die Beziehung zur Patientin oder dem Patienten. Diese Aspekte seien ein relevanter Beitrag zur Gesundung – würden jedoch, wie in diesem Fall, oft übersehen, so Hansen.
Unsensibles und unempathisches Verhalten könnten das Vertrauen der Patientin in die medizinische Versorgung nachhaltig beeinträchtigen, warnt er. Dies schwäche auch die Wirksamkeit späterer therapeutischer Maßnahmen. Positive Erwartungen, Placebo-Effekt, Angst- und Stressreduktion sowie eine tragfähige therapeutische Beziehung seien wissenschaftlich belegte Faktoren für die Genesung.
Hansen rät, die Patienten gleich zu Beginn der Behandlung zu ermutigen, störende Aspekte anzusprechen. „Sagen Sie bitte gleich, wenn etwas unangenehm oder störend für Sie ist, damit wir das sofort verbessern können“, wäre laut Hansen eine hilfreiche und wichtige Bemerkung gewesen.
Außerdem sei für die Anwesenheit von Personen, die nicht direkt an der Diagnostik oder der Behandlung beteiligt sind, die Erlaubnis des Patienten einzuholen. „Zum Teil übersieht medizinisches Personal, dass die medizinischen Abläufe und Inhalte für sie selbst zwar Routine und nichts Besonderes sind, für den Patienten jedoch eine Extremsituation und er sie eventuell als eine existentielle Bedrohung empfindet“, so Hansen.
Klar sei außerdem: In Anwesenheit der Patientin oder des Patienten sollte ausschließlich in einer Sprache gesprochen werden, die sie oder er versteht. „Medizinisches Personal benötigt neben Fachwissen auch Fähigkeiten in therapeutischer Kommunikation. Deren Fehlen kann die Versorgung negativ beeinflussen und gilt nach aktuellem Wissensstand sogar als Kunstfehler“, so Hansen.
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