Dr. McCoy

Angenehm, Generation Y

  • Mittwoch, 24. Mai 2017

Da hab ich mir dann doch die Augen, oder besser vor allem die Ohren, gerieben. Die Bundesärztekammer hatte im Vorfeld des Deutschen Ärztetages eingeladen. Zum "Dialog mit jungen Ärztinnen und Ärzten". Thema: "Kommunikation in Zeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen."  

Und da gab es einiges zu hören von den Digital Natives, Geburtsjahrgänge ab 1985 aufwärts. Einiges was mir geeignet schien, von den nicht wenigen Angehörigen der älteren Generation im Saal vielleicht sogar als Kritik an den E-Health Debatten der letzten 10 Jahre aufgefasst zu werden. Die jungen Kolleginnen und Kollegen aber ließen sich nicht beirren vom Gestern und vom Vorgestern. Sie forderten im Dialog mit den Altvorderen ganz selbstverständlich und weitgehend unbekümmert all das ein, was Deutsche Ärztetage der Vergangenheit allenfalls mit großer Mühe zur Kenntnis nahmen. Vieles von dem, was man scheinbar am liebsten oft gar nicht wahrhaben wollte, so dass man dann am Ende bestenfalls einfach schwieg. Schwieg zu all dem, was um einen herum doch ganz unübersehbar passierte. Aber es hätte ja schließlich einer meinen können, man sei dafür.  

Gar nicht geschwiegen haben indes die jungen Ärztinnen und Ärzte! 
Sektorübergreifende elektronische Patientenakte? Hallo?! Natürlich, was denn sonst! Es kann doch nicht sein, dass wir in der Klinik auf nix Zugriff haben und die gesamte Diagnostik immer nochmal machen. Fernbehandlungsverbot? Brauchen wir nicht mehr, schließlich haben wir doch auch sonst ärztliche Therapiefreiheit. Und ein Teil der persönlichen Kontakte ließe sich mit Sicherheit durch das Telefon vollständig ersetzen. Zum Nutzen von Arzt und Patient. 

Was stört? Das was immer schon stört: Grottige Usability allem voran, Uralt-Technik und 1.000 verschiedene Systeme im Krankenhaus. Keine Schnittstellen, Copy-und-Paste oder am besten nachts um drei dann noch die eigene Handschrift abtippen. Weil es keine Tablets gibt. Ein junger Kollege, dem die digitalen Inseln ein Dorn im Auge sind, zitiert sogar Gorbatschow und betont, dass Angst vor Neuerungen kein guter Ratgeber und stattdessen mehr Mut gefragt sei. 

Mir wurde ganz warm ums Herz und im Stillen dachte ich bei mir: "Seht Ihr! Sag ich doch. Die wollen das. Die brauchen das! Wir brauchen das!"    

Und dann? Die elektronische Gesundheitskarte, die eGK, die e-Card, der Herrseibeiuns Deutscher Ärztetage seit 2005. Da steht einfach eine junge Kollegin auf, geht ans Mikro und sagt, sie wisse ja, die sei nicht so populär. Aber sie wolle sie trotzdem. Die eGK! Einfach so! Und dann fragt sie noch, warum sie denn mit ihren Möglichkeiten nicht endlich mal da ist, die eGK. Beim bewusstlosen Patienten mit Lithium Intoxikation in der Notaufnahme oder bei der Patientin mit dem Doctor-Hopping, die eigentlich einen Schrank voll Akten dabei haben müsste. Das könne doch nicht sein, dass diese Dinge alle nicht zur Verfügung stehen.  

Am liebsten wäre ich aufgestanden und hätte ihr einen Blumenstrauß gebracht. Ich hatte nur keinen dabei. Wer ahnt denn sowas?

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