Dr. McCoy

Nicht mehr mitspielen wollen!

  • Freitag, 17. Mai 2013

Da hat die Vertreterversammlung (VV) der KV Nordrhein ja einen wegweisenden Beschluss gefasst. Die KBV soll aufgefordert werden, aus der gematik auszuscheiden. Aus der Organisation also, die seit Jahren die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und einer Telematikinfrastruktur für das Deutsche Gesundheitswesen betreibt. Die gematik tut das auf einer gesetzlichen Grundlage (SGB V §§ 291a und 291b). Und auf dieser Grundlage ist auch die KBV Gesellschafter der gematik.

Und jetzt will man nicht mehr mitspielen, weil man nicht alles durchsetzen kann, was man will.

Im Detail geht es um den sogenannten Online-Versichertenstammdatenabgleich, abgekürzt Online-VSDM. Dieser soll es zukünftig ermöglichen, dass beim Arztbesuch (allerdings nicht bei jedem, sondern nur einmal pro Quartal) online geprüft wird, ob die auf der Karte des Versicherten gespeicherten Daten (z.B. Nachname, Adresse etc.) noch aktuell sind und auch, ob der Versicherte überhaupt noch bei der Krankenkasse versichert ist. Wenn die Daten veraltet sind, werden sie ggf. aktualisiert. Die Kassen sagen, dass sie dadurch Geld sparen, weil sie zukünftig keine neuen Karten mehr verschicken müssen.

Klingt doch sinnvoll. Denn was spricht dagegen, dass Krankenkassen Geld sparen bei administrativen Prozessen? Das Geld kann man dann doch lieber für Patientenversorgung ausgeben.

Die VV der KV Nordrhein sieht das aber – wie viele andere auch – offenbar ganz anders. Die Kritiker malen ein Horrorszenario für den VSDM, den elektronischen Datenabgleich also. Sie bezeichnen ihn als die Verlagerung administrativer Prozesse der Krankenkassen in die Arztpraxen. Und gerne werden dann gleich Schreckensszenarien von sich um ganz Häuserblocks mäandernden Patientenwarteschlangen und Arzthelferinnen am Rande des Nervenzusammenbruchs zu Quartalsbeginn herbeiphantasiert.

Und das, obwohl der Datenabgleich völlig unbemerkt und sehr schnell beim Stecken der eGK funktioniert. Mithin die befürchtete Verlagerung administrativer Prozesse der Krankenkassen in die Arztpraxen also völlig unbemerkt ablaufen wird.

Aber nein. Das schien der VV der KV Nordrhein wohl irgendwie egal zu sein. Ich war nicht dabei, muss mir aber vorstellen, dass man durch Proteste mit Sarg, Zylinder und schließlich auch noch der Polizei – wahrscheinlich schon in leichter Weltuntergangsstimmung war.

Und da wollte man sich vielleicht lieber noch ein bisschen weitergruseln vor einem Popanz, der auch schon für die Einführung der eGK aufgebaut wurde. Auch da wurde nämlich schon die Phantasie von den Patientenwarteschlangen zu Quartalsbeginn etc. (s.o.) herbeibemüht.

Und jetzt? Ob in der Praxis oder Notaufnahme eine alte (KVK) oder eine neue (eGK) Karte eingelesen wird, merkt man gar nicht. Zumindest kenne ich niemanden, der anderes berichtet. Und ich habe nachgefragt – persönlich. Bei Menschen, die das jeden Tag machen. Und denen ist es piepegal, ob sie nun eine KVK oder eine eGK stecken.

Da kann man also nur hoffen, dass die Delegierten der Vertreterversammlung der KBV am 27. Mai in Hannover ein wenig Besonnenheit und Weitblick walten lassen. Denn immerhin steht die Möglichkeit  auf dem Spiel, bei der Einführung der eGK weiter maßgeblich mitzubestimmen. Und diese Möglichkeit gibt man doch nicht einfach leichtfertig aus der Hand!

Denn wer nicht mehr mitspielt, rausgeht und die Tür zumacht, der muss irgendwann auch wieder reinkommen. Wie dann aber die Bedingungen sind, um wieder mitspielen zu dürfen, erscheint mir mehr als unsicher. Es könnte sein, dass sie viel schlechter sind als jetzt. 

Und das ist wahrlich keine gute Aussicht – auch nicht für die Kritiker der eGK.

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