Vor Gericht…
und auf hoher See sind wir in Gottes Hand. Das sagt der Volksmund. Wie immer klingt’s auf Latein natürlich noch besser: Coram iudice et in alto mari sumus in manu Dei.
In Gottes Hand ist jetzt auch die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Denn sie stand – mit reichlicher Verzögerung – in dieser Woche erstmals vor Gericht. Der Kläger war ein Mann aus Wuppertal, der sich in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt sieht und aus Gründen des Datenschutzes keine eGK haben will.
Ganz verstehen kann ich die Klage allerdings nicht. Der Kläger befürchtet, zum „gläsernen Patienten“ zu werden. Warum? Wie soll das passieren? Der Kläger hat – wie alle (zukünftigen) Nutzer der eGK – die alleinige Kontrolle darüber, ob überhaupt – und wenn ja auch welche – medizinischen Daten über ihn gespeichert werden.
Die entsprechende Passage im Gesetz (SGB V §291a Absatz 3) ist meiner Ansicht nach auch für Laien klar verständlich:
Mit dem Erheben, Verarbeiten und Nutzen von Daten der Versicherten nach diesem Absatz (das sind die ganzen medizinischen Daten, die in dem Absatz aufgeführt werden -PS) darf erst begonnen werden, wenn die Versicherten jeweils gegenüber dem Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeuten oder Apotheker dazu ihre Einwilligung erklärt haben. Die Einwilligung ist bei erster Verwendung der Karte vom Leistungserbringer oder unter dessen Aufsicht von einer Person, die bei dem Leistungserbringer oder in einem Krankenhaus als berufsmäßiger Gehilfe oder zur Vorbereitung auf den Beruf tätig ist auf der Karte zu dokumentieren; die Einwilligung ist jederzeit widerruflich und kann auf einzelne Anwendungen nach diesem Absatz beschränkt werden.
Das ist langes und umständliches Juristendeutsch. Aber doch wohl eindeutig. Die Speicherung jedweder medizinischen Daten auf oder mit Hilfe der eGK ist frei-wil-lig.
Und obendrein kann ein Patient die Daten nicht alleine speichern. Ein Arzt (oder Zahnarzt oder Psychotherapeut oder Apotheker) muss ihm dabei helfen und ihn beraten. Ärzte also, die meinen ihre Patienten setzten sich bei Nutzung der eGK zur Speicherung medizinischer Daten Risiken für den Datenschutz aus, können ihren Patienten also abraten, die eGK dafür zu nutzen.
Wie vor diesem Hintergrund Kritiker der „e-Card“ landauf landab behaupten können, mit der eGK drohe die Speicherung „der sensiblen Gesundheitsdaten aller Versicherten auf zentralen Servern“ verstehe ich nicht. Haben sie das Gesetz noch nie gelesen?
Na ja, das Gesetz gelesen haben offenbar zumindest die Richter des Sozialgerichtes in Düsseldorf. Am Donnerstag urteilten sie, die Einwände des Klägers seien nicht nachvollziehbar. Schließlich sei bei der eGK alles, was über die Pflichtangaben, die auch die heutige Krankenkassenkarte enthält, hinausgeht, freiwillig. Und insofern sei das Ganze auch verfassungsrechtlich unbedenklich.
Ob das allerdings wirklich so ist, will der Kläger vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Er wird sich also auf eine Seereise durch die Instanzen der deutschen Justiz begeben und hofft, 2013 in Karlsruhe anzukommen.
Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Richter dort zu anderen Auffassungen kommen. Aber erfreulich ist es doch, dass sich mit dieser Frage das höchste deutsche Gericht befassen soll. Denn, ob mit der Ausgabe der eGK ein struktureller Bruch des Arztgeheimnisses droht – wie Kritiker der eGK behaupten –, verdient allemal vom Bundesverfassungsgericht geklärt zu werden.
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