Dr. werden ist nicht schwer...

Warum kostet Wertschätzung Überwindung? oder Die limitierende Ignoranz der Kollegen

  • Freitag, 11. November 2011

In meinem PJ arbeitete ich mit/für – sicherlich werde ich dies schon an früherer Stelle erwähnt haben – einen Assistenzarzt, der sich für Übergaben von aufgenommenen Patienten oder geringere Dienste wie das Holen einer Akte stets bedankte. Alleine die Tatsache, dass mir das positiv auffiel, gab mir damals derart zu denken, dass ich beschloss, es ihm gleichzutun.

Nun ist es nicht so, dass ich mittlerweile als Arzt auf Wertschätzung verzichten mag. Dabei wäre ich auch heute noch mit recht wenig zufrieden. Natürlich weiß ich, dass ich keinen Dank erwarten darf. Aber ein gelegentliches Lob, z.B. wenn ein Eingriff, in dem ich noch keine Übung habe, ohne Hilfestellung gelingt oder wenn eine Operationsindikation sofort hinterfragt und ein Patient dadurch frühzeitig auf den richtigen Behandlungspfad gebracht wurde, wäre mehr als nur wünschenswert.

In der Realität erlebe ich Gegenteiliges. Klappt etwas nicht, wird das recht schonungslos rückgemeldet, ohne zu erklären, wie es besser hätte gemacht werden sollen. Und mache ich etwas gut, so gefällt besonders einem bestimmten Oberarzt (der diesen Posten erst seit kurzem innehat) die Dauer des Vorgangs nicht, wobei er einer Uhr zu vertrauen scheint, die einer Minute nur 35 Sekunden zuweist.

Meine bisherigen Alternativvorschläge wurden oberärztlich mit einem „so macht man das nicht“ oder „das bringt nichts“ ohne weitere Erklärungen abgetan. Meine stillen Triumphe bestanden darin, dass der Chefarzt ein paar dieser abgeschmetterten Ideen nachfolgend selbst vorschlug und umsetzen ließ.

Leider führte die Methode der dienstälteren Assistenten und der Oberärzte zum Erfolg. Ich erkannte recht schnell, dass Alternativvorschläge nicht erwünscht sind und mehr als ein „warum machen wir das jetzt so?“ nicht drin ist. Also funktioniere ich und nehme auf, was es zu lernen gibt.

Auf noch ein „wir sind hier nicht in der Schweiz“ habe ich keine Lust. Sicherlich mag sich so mancher Leser – zu Recht denken – dass man sich solche Sprüche nicht ohne Zutun fängt. Hätte ich nichts gesagt oder gemacht, wäre es nicht dazu gekommen. Doch auch die kollegiale Ignoranz dazu, die kein ergänzendes Denken zulässt (wer die 13 ½ Leben des Käpt´n Blaubär gelesen hat, dem erkläre ich es so: manchmal kommt es mir vor, als hätte ich es mit Groot und Zille zu tun), ist Teil des Problems.

Beispielsweise wenn ich nach einer bestimmten Intervention noch einen (gar nicht so geheimen) Kniff zur Blutstillung anwende: „Fertig! Was machst Du da?“, „Ich tamponiere noch kurz zur Blutstillung.“, „Macht man das in der Schweiz so?“, „Unter anderem…“, „Für sowas haben wir hier keine Zeit“. Der Patient als Zeuge dieser Situation wird sich seinen Teil denken.

Ich hoffe, der Kollege auch, wenn er nächstes Mal einen Patienten um drei Uhr nachts wegen Nachblutung versorgen muss. Jeder Kollege in diesem Haus hat mehr Erfahrung. Von jedem kann ich etwas lernen. Ich nehme das wenige, was man mir erklärt und das viele, das es aufzuschnappen gibt, auf.

Und auch hierbei versuche ich getreu der Überschrift eines kürzlich erschienenen Beitrags doch nicht zu werden wie die Kollegen. Sonst werde ich eines Tages als Dienstältester (so wie mein leitender Oberarzt) kaum noch was aufnehmen wollen/können.

Vergisst vor lauter Schwarz-Weiß manchmal das eigene (dunkel)grau,


Euer Anton Pulmonalis

tehrani

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