Antibiotikaresistente Keime leben länger als das Mastschwein
Als kürzlich eine Studie des Landesamtes für Verbraucherschutz in Nordrhein-Westfalen ergab, dass 83 Prozent aller Hähnchen in ihrem 35-tägigen Leben bis zu acht Mal Antibiotika erhalten, wurde zur Rechtfertigung die zweifelhafte Begründung aufgetischt, dies geschehe nur aus Gründen der Infektionsabwehr und keinesfalls zur Mastbeschleunigung.
Die Farmer versicherten zudem, die Medikamente würden rechtzeitig abgesetzt, so dass die Konsumenten nicht mit den Antibiotika in Berührung kämen. Diese Bauernschläue ist aber allenfalls die halbe Wahrheit. Die Antibiotika mögen zum Schlachttermin aus dem Organismus der Tiere eliminiert sein. Für die antibiotikaresistenten Keime trifft dies allerdings nicht zu, wie eine Untersuchung der McGill Universität in Montreal zeigt.
Auf der Schweinefarm des dortigen Department of Food Science and Agricultural Chemistry war im Januar 2007 jeglicher Einsatz von Antibiotika verboten worden. Doch bei der Schlachtung der Tiere waren, bis zu zweieinhalb Jahre nach dem Antibiotika-Verbot, noch resistente Bakterien im Darm der Schweine nachweisbar.
Damit wurde die Theorie widerlegt, resistente Keime würden, weil sie durch die Resistenzgene nur unnötigen Ballast mit sich herum schleppen, schnell von „gesunden“ Darmbakterien verdrängt. Zwar wird in Schlachthöfen darauf geachtet, dass keine Erreger in die Nahrungsmittel gelangen. Eine Exposition ist jedoch auch über die Düngung der Felder mit Fäkalien der Tiere vorstellbar.
Auch in Deutschland dürften täglich in größerer Menge resistente Keime mit der „Gülle“ auf die Felder versprüht werden. Welche Folgen dies haben könnte, ist bisher kaum untersucht.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: