Das Schlaganfall-Paradox: Warum Partner und enge Freunde eine rechtzeitige Therapie verhindern können
Die meisten Schlaganfälle treten in der eigenen Wohnung auf. Häufig sind enge Familienmitglieder zugegen, die rasch einen Notarzt alarmieren könnten und sollten. Doch leider einigen sich Patient und Angehörige oft darauf, zunächst abzuwarten, wie sich die Symptome entwickeln. Viele Patienten verpassen deshalb das Zeitfenster, in dem eine effektive Lysetherapie möglich wäre. Wenn der Schlaganfall dagegen auf der Arbeit oder in Gegenwart von entfernten Bekannten oder Fremden auftritt, kommt es schneller zu einem Notruf.
Forscher sprechen von einem Schlaganfall-Paradox, das es in ähnlicher Weise auch bei einem Herzinfarkt gibt. Der Neurologe Amar Dhand vom Brigham and Women's Hospital hat das Phänomen durch die Befragung von 175 Schlaganfallpatienten näher untersucht.
Tatsächlich haben sich Patienten, die zu spät in der Klinik eintrafen, zuvor häufig mit der Familie oder engen Freunden beraten. Dabei kam es dannn zu einer Argumentations-„Spirale“, an deren Ende sich alle darüber einig waren, zunächst nichts zu unternehmen.
„Lass uns erst sehen, wie sich die Dinge entwickeln“. „Es ist besser, wenn Du morgen zunächst zum Hausarzt gehst.“ „Das ist sicher nur eine vorübergehende Schwäche“. Enge geschlossene Netzwerke sind wie „Echo-Kammern“, in denen immer wieder die gleichen Argumente auftauchen, schreibt Dhand. Am Ende stehe dann eine „pluralische Ignoranz“ oder die „Illusion der Mehrheit“.
Wie sich diese Spirale durchbrechen lässt, ist nicht klar. Hausärzte sollten laut Dhand jedoch wissen, dass gerade die Patienten, die in einem Netzwerk am besten sozial abgesichert sind, im Fall einer akuten Erkrankung am meisten gefährdet sind.
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