Friseur als Internist
Anders als der Hausarzt, haben Friseure oft genügend Zeit sich mit ihren Klienten zu unterhalten. Für einige Menschen soll das ja ein Grund sein, sich einen Kurzhaarschneider zuzulegen, um der Logorrhö im Frisörsalon zu entgehen. Die meisten schätzen aber die Unterhaltung mit dem Barbier und anderen Kunden.
In den von Afroamerikanern bewohnten Innenstädten ist der Barbarshop ein wichtiger gesellschaftlicher Kommunikations-Ort (in Deutschland ist dies in manchen Migrantenkreisen nicht anders).
Ronald Victor vom Cedars-Sinai Heart Institute in New York hat diese Umstände in einer Studie genutzt, um die notorisch schlechte Compliance in der Hypertoniebehandlung zu verbessern. Über 10 Monate boten die Barbiere jedem Kunden die kostenlose Messung des Blutdrucks an. Ein guter Anlass, um mit dem Kunden über die Bedeutung der Blutdrucksenkung zu reden und über die verschiedenen Medikamente (und ihre Nebenwirkungen).
Am Ende hatte die “Barbershop-basierte Therapie” die Zahl der Patienten mit kontrollierter Hypertonie von 33 auf 53 Prozent gesteigert. Wenn alle 18.000 afroamerikanischen Barbershops den Blutdruck ihrer Kunden kontrollierten würden gebe es schon im ersten Jahr 800 weniger Herzinfarkte, 550 weniger Schlaganfälle und 900 weniger Todesfälle, rechnen die Autoren vor.
Wann, so darf man fragen, wird die Studie an türkischen Friseuren in deutschen Innenstädten reproduziert. Dass viele Migranten kardiovaskuläre Risikofaktoren haben, dürfte außer Zweifel stehen.
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