Grippemittel sind asozial
Wer bei einem grippalen Infekt sofort zu fiebersenkenden Mitteln wie Aspirin oder Paracetamol greift, verhält sich asozial. Im Prinzip wenigstens. Bereits eine 1975 veröffentlichte Studie hat nämlich ergeben, dass Fieber bei Erkältungen die Replikation von Rhinoviren senkt (JAMA 1975; 231: 1248-1251). Später konnten britische Forscher dies auch experimentell für Grippeviren an Frettchen zeigen (J Infect Dis. 1982; 145: 520-524). Fieber ist nicht, wie die meisten Menschen glauben, ein schädliches Krankheitssymptom, es ist eher Teil der Abwehreaktion, die die Erkrankung verkürzt.
Mit fiebersenkenden Mitteln husten wir mehr und länger Viren in die Umgebung – und stecken damit auch mehr andere Menschen an. Kanadische Mathematiker haben jetzt ausgerechnet, dass fiebersenkende Mittel die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle bei einer saisonalen Grippe um 5 Prozent erhöhen. Bezogen auf die US-Bevölkerung und die dortigen Verordnungszahlen ergibt dies pro Grippesaison bis zu 2000 zusätzliche Todesfälle, meint David Earn von der McMaster University in Hamilton/Kanada.
Das ist sicherlich eine Rechnung unter vielen vagen Faktoren. Die Botschaft ist jedoch richtig: Antipyretika sind keine Heilmittel, sondern rein symptomatische Medikamente, die eine (bis zu einem gewissen Grad) schützende Reaktion des Körpers kompromittieren, und deshalb sparsam eingesetzt werden sollten.
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