Länger leben mit weniger Vitamin D?
Vitamin D ist das derzeit bevorzugte Allheilmittel der Vitaminanhänger. Tatsächlich wurden niedrige Serumspiegel in Studien mit einer erhöhten Rate von Herzerkrankungen, Diabetes mellitus, multipler Sklerose, Allergie, Asthma, Infektionen, Depression, mentalen Erkrankungen und Schmerzen im Bewegungsapparat in Verbindung gebracht. Dazu kontrastieren jetzt die Ergebnisse der Leiden Langleven Studie.
Die Kohorte besteht aus 421 Familien, in denen wenigstens 2 Geschwister über 89 Jahre (Männer) oder 91 Jahre (Frauen) alt geworden sind. Die Studie begleitet auch die Kinder der Familien. Sie sucht nach protektiven Faktoren, die ein langes Leben versprechen. Dazu gehört, wie Diana van Heemst von der Abteilung für Gerontologie und Geriatrie von der Universität Leiden herausgefunden hat, nicht ein hoher – wie man annehmen würde – sondern ein niedriger Vitamin-D-Wert im Blut.
Die Söhne und Töchter der über 90-Jährigen haben jedenfalls niedrigere Vitamin D-Konzentrationen im Blut als ihre Lebenspartner. Van Heemst wählte sie als Kontrollgruppe, weil in den Familien viele Umweltfaktoren gleich sind. Allgemein wird erwartet, dass die Kinder der über 90-Jährigen wie ihre Eltern eine hohe Lebenserwartung haben, sie dürfte höher sein als bei ihren Lebenspartnern (was sich aber erst noch zeigen muss).
Das dies dann ausgerechnet an den niedrigen Vitamin D-Konzentrationen im Blut liegen soll, ist sicherlich eine gewagte Hypothese. Als Erklärung führt van Heemst das klotho-Protein an. Es soll bei Mäusen die Lebensphase um 20 bis 30 Prozent verlängern. Mäuse ohne klotho-Protein alterten in Experimenten schneller, und sie hatten höhere Vitamin D-Werte im Blut als andere Mäuse. Neuere Studien versuchen beim Menschen einen günstigen Einfluss des „aging suppressors“ auf die Lebenserwartung nachzuweisen. Beweisen lässt sich das nur schwer. Der Wert der niederländischen Studie besteht in erster Linie darin, einen allzu blinden Glauben an die Wohltaten von Vitaminen ein wenig zurückzuschrauben.
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