Reanimation: Angehörige als Augenzeuge (un)erwünscht
Die meisten Notfallteams schicken Angehörige vor die Tür, wenn sie einen Patienten reanimieren müssen. Sie befürchten eine Störung bei den lebenswichtigen Maßnahmen und psychische Folgen für die Angehörigen, die Zeuge von nicht selten brutalen und manchmal auch blutigen Maßnahmen werden.
Auch die Angst vor Klagen der Hinterbliebenen mag eine Rolle spielen, die nicht immer wissen mögen, dass die Überlebenschancen in der Realität weitaus geringer sind als in den TV-Serien, wo die Patienten nach der Reanimation putzmunter sind und die Handlung des Films vorantreiben.
Eine Studie französischer Kollegen könnte die Notfallmediziner ermuntern, die Angehörigen als Augenzeugen zuzulassen. Das Team um Frederic Adnet vom Hôpital Avicenne in Bobigny bei Paris hat 15 Teams
von Notfallambulanzen auf zwei Gruppen randomisiert. In einer Gruppe wurden die Angehörigen vor der Reanimation gefragt, ob sie zugegen sein möchten, in der Kontrollgruppe gab es keine derartige Vorgabe. Dort wurden die meisten Angehörigen weggeschickt.
Worunter diese mehr litten als die Angehörigen, die dem Notarzt bei seiner Tätigkeit zusehen durften. In einem Fragebogen zur posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD), der nach 90 Tagen telefonisch erhoben wurde, hatten die Zeugen der Reanimation signifikant günstigere Werte. Die Anwesenheit der Angehörigen wirkte sich auch nicht negativ auf den Ablauf der Reanimation aus. Die Überlebenschancen und die Stresserlebnisse des Notfallteams waren in beiden Fällen gleich. Auch die Angst vor späteren Klagen erwies sich als unbegründet. Einer der Augenzeugen bedankte sich sogar später schriftlich beim Notfallteam.
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