Gesundheit

Takotsubo: Gebrochenes Herz durch Naturkatastrophen

  • Dienstag, 1. April 2014

Angst und Schrecken können das Herz verkrampfen. Die Pathogenese der Takotsubo- oder Stresskardiomyopathie ist zwar nicht abschließend geklärt. Vermutlich hat aber eine massive Ausschüttung von Katecholaminen eine Kontraktionsstörung des linken Ventrikels zur Folge. Der Vernichtungsschmerz und die EKG-Zeichen führen zur Verdachtsdiagnose Herzinfarkt. Bei der Herzkatheteruntersuchung fehlen dann die für die koronare Herzkrankheit typischen Engpässe in den Kranzgefäßen. Dafür wird eine typische Verformung des linken Ventrikels sichtbar, die die japanischen Erstbeschreiber an eine Tintenfischfalle erinnerten, die in Japan Tako tsubo heißt.

Seit bei Herzinfarkten regelmäßig koronarangiographiert wird, ist die Takotsubo-Kardiomyopathie häufiger geworden. US-Kardiologen stellten die Diagnose im Jahr 2011 insgesamt 21.748 Mal, wie Sadip Pant von der University of Arkansas for Medical Sciences in Little Rock auf der Jahrestagung des American College of Cardiology berichten wird. Seiner Analyse zufolge ist die Erkrankung im US-Staat Vermont mit 380 Diagnosen pro Millionen Einwohner mehr als doppelt so häufig wie in den meisten anderen US-Staaten. Pant vermutet einen Zusammenhang mit dem Hurrikan Irene, der Ende August des Jahres an der Ostküste entlang zog. Besonders heftig traf es Vermont, wo infolge der starken Regenfälle fast jeder Fluss über die Ufer trat. Es waren zwar nur wenige Todesfälle zu beklagen, der Schrecken der Einwohner könnte Pant zufolge jedoch zu einem Anstieg der Stresskardiomyopathien geführt haben.

Eine weitere Häufung gab es in Missouri, wo im gleichen Jahr ein massiver Tornado durch die Stadt Joplin fegte und 158 Todesopfer forderte. In Missouri lag die Inzidenz der Takotsubo-Kardiomyopathie mit 169 Fällen pro Million Einwohner jedenfalls ebenfalls über dem US-weiten Durchschnitt. Einen ähnlichen Anstieg wie 2011 in den USA sollen japanische Kardiologen 2004 nach dem Erdbeben in Japan festgestellt haben.

Eine Takotsubo-Kardiomyopathie ist zwar im Prinzip reversibel, da es zu keinem Absterben von Myokardgewebe kommt. Da aber häufig ältere Menschen mit vorgeschädigten Herzen betroffen sind, kommt es bei jedem vierten Patienten zu einer Herzinsuffizienz, zu Schlaganfällen oder Herzrhythmusstörungen. Laut Pant erleiden 1 bis 7 Prozent der Patienten einen Herzstillstand. Sie wurden durch das Naturereignis buchstäblich zu Tode erschreckt.

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