Gesundheit

Trotz lauter Musik und Kopfhörern: Hörstörungen werden seltener

  • Dienstag, 10. Januar 2017

Seit dem Aufkommen der Pop- und Rockmusik in den 1960er-Jahren wird die Jugend vor den Folgen der lauten Musik für die Ohren gewarnt. Experten sagten damals eine Epidemie der Schwerhörigkeit voraus. Die derzeitige Mode von In-Ohr-Kopfhörern, die die Schallquelle näher an das Trommelfell heranrückt, hat ähnliche Bedenken ausgelöst. Im Einzelfall sind die Sorgen sicherlich berechtigt. Es steht außer Zweifel, dass sehr laute Musik akute Hörstörungen und einen zeitweiligen Tinnitus auslösen kann, doch insgesamt hat die Zahl der Schwerhörigen nicht zugenommen. 

Ein Vergleich der National Health and Nutrition Examination Surveys (NHANES), die regelmäßig eine repräsentative Stichprobe der US-Bevölkerung untersucht und dabei auch Hörtests durchführt, kommt jetzt sogar zu dem Ergebnis, dass Hörstörungen in den letzten Jahren seltener geworden sind, beziehungsweise erst später, das heißt in einem höheren Lebensalter, auftreten. 

Die Gesamtprävalenz bei Erwachsenen ist in der US-Bevölkerung um 16 Prozent bei der letzten NHANES (1999-2004) auf 14 Prozent bei der aktuellen NHANES (2011-2012) zurückgegangen. Der Unterschied war signifikant. Die Gründe sind spekulativ. Der Rückgang von lauten Arbeitsplätzen in der Produktion und der häufigere Einsatz von Gehörschutzgeräten könnten eine Rolle gespielt haben. Auch die sinkende Zahl von Rauchern und das bessere Management von anderen kardiovaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes könnten einen Einfluss haben.

Nach der Studie leiden Männer fast doppelt so häufig wie Frauen unter Hörstörungen. Auch Bildungsmangel ist ein etablierter Risikofaktor: Männer und Frauen ohne High-School-Abschluss (entspricht der Sekundarstufe 2 in Deutschland) leiden viermal häufiger unter Hörstörungen. In den USA sind auch Gewehrschüsse ein Risikofaktor. Mehr als 1.000 Knalle erhöhten das Risiko um 80 Prozent. Mit Abstand der wichtigste Risikofaktor ist jedoch das Alter. In der letzten NHANES waren 39 Prozent der Alters­gruppe zwischen 60 und 69 Jahren schwerhörig, und man muss davon ausgehen, dass die Prävalenz im höheren Alter weiter ansteigt (ältere Personen wurden nicht untersucht). 

Was die laute Musik über Kopfhörer betrifft: Die Studie kann nicht klären, ob In-Ohr-Kopf­hörer Hörstörungen auslösen (Hierzu müssen Fall-Kontroll-Studien durchgeführt werden, mit Hörtests bei regelmäßigen Kopfhörer-Trägern und anderen Personen). Der Vergleich der beiden NHANES-Untersuchungen liefert jedoch keinen Hinweis dafür, dass die Prävalenz von Hörstörungen in der jüngeren Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen zunimmt. Bei den Männern ist sogar ein leichter Rückgang erkennbar.

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