Umweltverschmutzung und Gesundheit
Wir sprechen über Klimawandel, Flucht, Gewalt und Kriege als Ursachen vieler vermeidbarer Todesfälle, wir haben ein Bewusstsein für die Bedeutung von Infektionserkrankungen wie Malaria, Tuberkulose und HIV und wir machen uns Gedanken über nicht-übertragbare „Wohlstanderkrankungen“ wie Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen. Womöglich übersehen wir dabei jedoch einen der entscheidendsten Faktoren für Gesundheit, beziehungsweise einen der entscheidendsten Faktoren für die Entstehung von Krankheiten – die Verschmutzung der Umwelt.
Die Lancet-Kommission für Verschmutzung und Gesundheit zielt darauf ab, die Bedeutung dieses Themas als wichtiges Public-Health-Problem in den Vordergrund zu rücken.
Die globalen Folgen der Umweltverschmutzung
Weltweit sind bis zu 9 Millionen vorzeitige Todesfälle auf die Folgen von Umweltverschmutzung zurückzuführen – das sind 16% aller weitweiten Todesfälle und 3-mal so viele Tote wie Menschen an HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria zusammen sterben!
Die Folgen der Umweltverschmutzung treffen in einem besonderen Maß die Armen, diejenigen, die so oft benachteiligt werden, die Bevölkerungen der Länder niedriger und mittlerer Einkommen (low- and middle-income cuntries, LMICs). Und die Folgen werden bisher stark unterschätzt. Der Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids, der oft begleitet wird von einem Ausstoß giftiger Stickoxide und anderer toxischer Verbrennungsprodukte, ist besonders hoch in den entwickelten Industrieländern, aber er ist stark zunehmend in Schwellenländern mittleren Einkommens.
Hieraus resultieren direkte wirtschaftliche Kosten durch krankheitsbedingte Produktivitätsausfälle, die in den LMICs das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 2% reduzieren, sowie Gesundheitskosten, die in Ländern mittlerer Einkommen bis zu 7% der gesamten Gesundheitsausgaben ausmachen! Die globalen Gesamtkosten, die die weltweite vermeidbare Verschmutzung verursacht, werden auf jährlich 4,6 Billionen US-Dollar geschätzt – das sind 6,2% der globalen Wirtschaftsleistung!
Der globale Nutzen der Maßnahmen gegen Umweltverschmutzung
Auf der anderen Seite ist ein Gegensteuern möglich und dies zahlt sich nicht nur durch sauberes Trinkwasser, frische Luft und gesündere Menschen aus, sondern es ist auch ökonomisch sinnvoll. In den USA stehen seit 1970 Investition von 65 Milliarden US-Dollar in Maßnahmen gegen Luftverschmutzung ein Gewinn von 1,5 Billionen US-Dollar durch ebendiese Maßnahmen gegenüber. Man muss kein Umwelt- oder Public-Health-Aktivist sein, um für diese Maßnahmen einzutreten; auch rational-ökonomisches Denken kommt zu demselben Schluss.
Diese Maßnahmen sind nicht spezifisch für reiche Industrienationen, sondern sie ließen sich auf entwickelnde LMICs übertragen und können dort sogar helfen, die Wirtschaft zu stärken und das Wirtschaftswachstum zu unterstützen. Darüber hinaus haben Maßnahmen gegen die weitere Umweltverschmutzung auch einen positiven Einfluss auf zahlreiche der nachhaltigen UN-Entwicklungsziele.
Wie beim Kampf gegen den Klimawandel ist beim Kampf gegen die Umweltverschmutzung ein ebenso großes Problem, dass viele Verschmutzungen unsichtbar sind und die Folgen erst nach einem langen Zeitraum sichtbar werden, dazu noch oft an einem anderen Ort. So fällt es jedem einzelnen von uns leicht, diese Zusammenhänge zu ignorieren und auch die Folgen, die erst in einigen Jahrzehnten bedeutsam werden, zu vernachlässigen.
Förderung globaler Gerechtigkeit
Möchten wir die nachhaltigen Entwicklungsziele bis 2030 erreichen oder uns diesen zumindest bedeutend annähern, werden wir mehr und effektivere Maßnahmen ergreifen müssen als bisher. Die Kosten werden nicht gleich verteilt sein, denn die reichen Industrienationen werden einen größeren Beitrag leisten müssen. Auch die positiven Effekte der Maßnahmen werden nicht gleich verteilt sein, denn Ländern niedriger und mittlerer Einkommen werden stärker profitieren als die Reichen. Letztendlich zahlen sich die Investitionen jedoch für alle aus, denn die globale Wirtschaftsleistung wird steigen und die globale Lebenserwartung ebenfalls. Wohlhabende Gesellschaften, in denen die Menschen gesund leben können, führen keine Kriege und die Menschen begeben sich nicht auf die Flucht.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: