Gratwanderung

Kirchen: Fehlbare Moralische Instanzen

  • Freitag, 26. Februar 2010

In einer Zeit, in der der zunehmende Werteverfall beklagt wird, haben sich gerade die Kirchen immer wieder für eine Grundhaltung stark gemacht, die von Nächstenliebe, Toleranz und der Ehrfurcht vor dem Leben geprägt ist. Gerade auch in medizinethischen Fragen gehen sie oft mit der Ärzteschaft konform, indem sie sich gegen aktive Sterbehilfe, für eine Förderung der Palliativmedizin, für eine Neuregelung der Spätabtreibungen und einen verantwortungsvollen Umgang mit pränataler Diagnostik einsetzen.

Doch in letzter Zeit haben sie ein deutliches Glaubwürdigkeitsproblem. In der katholischen Kirche werden immer mehr Missbrauchsfälle von katholischen Priestern bekannt. Die offiziellen Kirchenvertreter tun sich sichtlich schwer beim Umgang mit diesen skandalösen Vorgängen.  Die Krönung des unsensiblen Umgangs mit die Thematik war sicherlich die Äußerung des Augsburger Bischofs Walter Mixa, der behauptete, die sexuelle Revolution vergangener Jahrzehnte sei mit Schuld am sexuellen Kindesmissbrauch in katholischen Einrichtungen.

Doch auch die evangelische Kirche geriet jetzt mit dem Rücktritt ihrer Ratsvorsitzenden, Margot Käßmann, die mit 1,54 Promille über eine rote Ampel gefahren war, in die Schlagzeilen.  Da drängt sich nicht zu Unrecht die Frage auf: Wie konnte sich eine hohe kirchliche Würdenträgerin mit Vorbildfunktion eines solchen moralischen Fehlverhaltens schuldig machen?

Doch bei aller berechtigten Kritik: Die katholische Kirche hat jetzt die Chance, sich mit den Missbrauchsfällen in angemessener Weise zu beschäftigen. Auf der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz machte Robert Zollitsch immerhin einen Anfang, indem er betonte: „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist  immer ein abscheuliches Verbrechen. Ich entschuldige mich bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden. Im Raum der Kirche wiegt der Missbrauch besonders schwer, weil es ein besonderes Vertrauen von Kindern und Jugendlichen  in den Priester gibt.“

Und der „Fall Käßmann“ zeigt, dass auch kirchliche Würdenträger fehlbar sind. Käßmann hat ihren Fehler eingestanden und die Konsequenzen daraus gezogen. Dem sollte man Respekt zollen.

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