Charité senkt klimaaktive Emissionen durch Narkosegase um 80 Prozent

Berlin – Die Charité – Universitätsmedizin Berlin hat die jährlichen CO2-Emissionen, die von Narkosegasen ausgehen, seit dem Jahr 2018 um mehr als 80 Prozent gesenkt. In einer Studie hat eine Arbeitsgruppe um Susanne Koch, Anästhesistin an der Charité, außerdem die Erfolgsfaktoren für diese Entwicklung untersucht. Ein Bericht dazu ist im Fachjournal Anesthesia & Analgesia erschienen (2025; DOI: 10.1213/ANE.0000000000007375).
Gasförmige Narkosemittel sind klimaaktiv, das heißt sie erwärmen die Atmosphäre – ähnlich wie Kohlendioxid (CO2). Ihre Wirkung ist allerdings deutlich stärker: Ein Kilogramm Desfluran beispielsweise trägt über einen Zeitraum von fünf Jahren knapp 8.000-mal so stark zum Treibhauseffekt bei wie ein Kilogramm CO2. Desfluran ist damit das mit Abstand klimaschädlichste Anästhesiegas.
„Die meisten Anästhesistinnen und Anästhesisten wissen nicht, wie klimaschädlich Narkosegase sind, weil das Thema nicht Gegenstand der Standardausbildung ist“, sagte Koch, Leiterin der Studie. Als Mitglied der Nachhaltigkeitskommission der European Society of Anaesthesiology and Intensive Care engagiert sie sich für mehr Nachhaltigkeit in der Anästhesiologie.
Die Arbeitsgruppe um Koch initiierte in der Klinik regelmäßige Informationsveranstaltungen und Fortbildungen. Außerdem überarbeiteten die Leitungen der Kliniken für Anästhesiologie die Vorgaben für die Durchführung einer Narkose: Seit Ende 2023 wird Charité-weit kein Desfluran mehr verwendet.
Die Kliniken setzen stattdessen verstärkt auf lokale Betäubung und den Einsatz des Anästhetikums Propofol, das intravenös verabreicht wird und klimafreundlicher ist als Narkosegase.
Wo medizinisch auf ein gasförmiges Narkosemittel nicht verzichtet werden kann, wird das Narkosegas Sevofluran in der Minimal-Flow-Methode genutzt, also mit einem geringen Gasfluss. Sevofluran trägt weniger als ein Drittel so stark zum Treibhauseffekt bei wie Desfluran.
In einer Studie untersuchte das Forschungsteam, welche Maßnahmen den größten Einfluss auf den CO2-Ausstoß durch Narkosemittel hatten. Danach führten Publikationen, Fortbildungen und Informationsveranstaltungen zu einer kontinuierlichen Senkung der Emissionen.
„Den schnellsten und nachhaltigsten Effekt aber hatte die Anpassung der zentralen Standardvorschriften, an die sich alle Anästhesistinnen und Anästhesisten in ihrer Arbeit halten müssen“, so Koch.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit:
1