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Ethnische Aspekte in gynäkologischen Studien stark unterrepräsentiert

  • Dienstag, 10. Januar 2023
/Gelpi, stock.adobe.com
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Boston – Klinische Publikationen aus den Jahren 2007 bis 2020 zum Thema Gynäkologie haben häufig ethni­sche Unterschiede vernachlässigt. Dieser Mangel an Diversität kann negative Auswirkungen auf die medizini­sche Versorgung haben, betonten jetzt die Studienautoren in einer in JAMA Surgery publizierten Querschnitts­analyse (2022; DOI: 10.1001/jamasurg.2022.6600).

Ethnische Unterschiede sind auch im Bereich Gynäkologie relevant: So beeinflusst maternale Morbidität und Mortalität bei Schwangerschaft und Geburt insbesondere afroamerikanische und lateinamerikanische Frauen. Weitere Forschungen haben ergeben, dass die diagnostische Standartwerkzeuge zur Diagnose und Bewertung von Endometriumkarzinom weniger sensitiv bei afroamerikanischen Ethnien sind.

In dieser Querschnittsanalyse wurden gynäkologische Studien, die auf ClinicalTrials.gov (2007-2020, 1287 Studien mit n=591.196) registriert waren sowie Publikationen in PubMed und Google Scholar (2007-2021, 1147 Studien mit n=821.111) eingeschlossen und auf ethnische Defizite von indigenen Bevölkerungsgruppen Amerikas, Asiaten, Afroamerikaner und Latinos ausgewertet.

In ClinicalTrials.gov-Studien und PubMed-/Google Scholar-Veröffentlichungen wurden zu 50,9 % und 74,6 % überhaupt Angaben zur Rasse bzw. ethnischer Zugehörigkeit gemacht. Studien aus dem Sektor Reproduk­ti­ons­endokrinologie- und Unfruchtbarkeit vernachlässigten am häufigsten die Angabe zur Rasse (aOR 0,14; 95 % KI, 0,07-0,27; Referenzkategorie: Geburtshilfe).

Studien zum Thema Geburtshilfe- und Familienplanung wiesen die größte Vielfalt an Subpopulationen auf, wohingegen gynäkoonkologische Studien die geringste Diversität an afroamerikanischen und lateinamerika­nischen Studienteilnehmern aufwiesen (angepasstes Odds Ratio [aOR] 0,54; 95 % KI, 0,38–0,75). In urogynä­kologischen Studien waren Menschen asiatischer Herkunft am stärksten unterrepräsentiert.

Daher plädieren die Studienautoren dafür, die Angaben etwa zur ethnischen Zugehörigkeit in allen gynäko­logi­schen Studien sämtlicher Disziplinen standardmäßig anzugeben. Bisher sind diese Angaben in den meis­ten wissenschaftlichen Zeitschriften keine Pflicht, erläuterte Erstautorin Jecca Steinberg von der Abtei­lung für Geburtshilfe und Gynäkologie in Chicago (Illinois, USA).

Clinicaltrials.gov spricht zum Beispiel lediglich eine Empfehlung für diese Angaben aus. Zwei führende Fach­zeitschriften für Gynäkologie und Geburtshilfe, wie das Obstetrics and Gynecology und The American Journal of Obstetrics and Gynecology verlangen mittlerweile jedoch die Angaben zu Rasse und ethnischer Herkunft.

Darüber hinaus sollten alle gynäkologischen Fachrichtungen eine optimalere ethnische Verteilung in ihren Studien anstreben. Eine vielfältige Repräsentanz ethnischer Gruppen ist von entscheidender Bedeutung, so dass sämtliche Bevölkerungsgruppen von klinischen Innovationen profitieren könnten.

cw

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