Gendatenbank hilft bei schneller Vorhersage von Antibiotikaresistenzen
Saarbrücken – Ein neues Verfahren zur schnellen Vorhersage von Antibiotikaresistenzen stellen Forscher des Zentrums für Bioinformatik an der Universität des Saarlandes zusammen mit dem Diagnostikentwickler Curetis auf der Computermesse Cebit in Hannover vor. „Wenn Patienten rasch Zugang zu der Therapie erhalten, die am besten geeignet ist, den Krankheitserreger zu bekämpfen, ist es nicht nur zum Vorteil des Patienten. Es kann auch dazu beitragen, die momentan vorhandenen Antibiotika gezielter einzusetzen, um die Entstehung von Resistenzen zu verlangsamen “, erläutert Andreas Keller aus dem Zentrum für Bioinformatik seinen Ansatz.
Bisherige Verfahren, um solche Resistenzen zu entlarven, sind zeitaufwendig. Die Bakterien werden auf Nährböden gezüchtet, bis sie sichtbar sind und Mikrobiologen und Labormediziner ihr Ansprechverhalten auf Antibiotika testen können. Bis zum endgültigen Ergebnis vergeht so für den Kranken kostbare Zeit.
Das Unternehmen Curetis hat in der Vergangenheit bereits Schnelltests entwickelt, die mithilfe von speziellen Molekülen Erreger und deren Resistenzen bei Lungenentzündungen, Gewebs- und Implantatsinfektionen sowie Infektionen von Blut und Bauchhöhle erkennen. „Im Moment verwenden wir die genetischen Antibiotikaresistenz-Marker, die man bereits seit Längerem kennt. Damit decken wir die derzeit am weitesten verbreiteten Resistenzmechanismen ab. Wir wissen aber, dass uns damit Resistenzen entgehen”, erläutert Achim Plum aus dem Unternehmen.
Für ihren neuen weitergehenden Ansatz haben die Wissenschaftler im September des vergangenen Jahres von der Siemens Technology Accelerator GmbH eine Gendatenbank namens „GEAR“ erworben, was für „Genetic Antibiotic Resistance and Susceptibility“ steht. Die Datenbank und die dazugehörige Plattform wurden in Zusammenarbeit mit zwei Universitäten entwickelt. Das Institut für klinische Molekularbiologie in Kiel war für die Gensequenzierung der Bakterien zuständig, Andreas Keller und seine Arbeitsgruppe „Klinische Bioinformatik“ an der Universität des Saarlandes übernahmen die computergestützte Analyse des 30-Terabyte-Datenbestandes.
GEAR enthält 11.000 Bakterienstämme und Reaktionsmuster zu 21 Antibiotika, die in den vergangenen drei Jahrzehnten aus Patientenproben rund um den Globus isoliert wurden. Mithilfe der Daten prüfen die Forscher, welche genetischen Auffälligkeiten mit der jeweiligen Antibiotikaresistenz zusammenhängen. „Wir können die Resistenzen bereits zu 85 Prozent vorhersagen“, so Keller.
Resistenzen gegen alte und neue Antibiotika entwickeln sich dynamisch weiter. Daher soll sich auch die GEAR-Datenbank weiterentwickeln. „Antibiotikaresistenz ist eines der drängendsten Probleme der Gesundheitsversorgung weltweit und muss koordiniert angegangen werden. Wir beabsichtigen, GEAR im Schulterschluss zwischen akademischer Forschung, öffentlichem Gesundheitswesen und Industrie zu einer gemeinsamen Forschungsplattform für Antibiotikaresistenzen auszubauen“, so Plum.
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