Gentherapie soll Kind das Hören ermöglichen

Tübingen – Ein Kind, das aufgrund einer genetischen Veränderung im Otoferlin-Gen nicht hören kann, hat an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Tübingen im Rahmen einer klinischen Studie eine gentherapeutische Behandlung erhalten. Sie zielt darauf ab, das natürliche Gehör auf molekularer Ebene wiederherzustellen.
„Die erfolgreiche Einführung der Gentherapie bei genetischem Hörverlust könnte eine völlig neue medizinische Perspektive für die Herstellung des Hörvermögens eröffnen“, sagte der ärztliche Direktor der Klinik, Hubert Löwenheim, der die Behandlung durchgeführt hat.
Dazu hat er dem Kind eine gesunde Kopie des OTOF-Gens chirurgisch direkt in die Cochlea eingebracht. Über einen sogenannten Vektor soll es von dort weiter transportiert und ins Genom eingebaut werden.
Der Eingriff erfolgte im Rahmen der internationalen klinischen Studie CHORD (Clinical trial of Hearing Restoration with Otoferlin gene Delivery), die von dem US-Unternehmen Regeneron Pharmaceuticals gesponsert und im Mai 2023 gestartet ist.
Die Studie untersucht den Einsatz der experimentellen Gentherapie DB-OTO. Eingeschlossen werden Kinder im Alter von 0 bis 17 Jahren in vier Ländern, nämlich in Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Spanien und den USA.
Die Tübinger Arbeitsgruppe weist daraufhin, dass bis zu 80 Prozent aller Fälle von Schwerhörigkeit bei Neugeborenen und Kindern vor dem Spracherwerb genetisch bedingt sind. Der potenzielle Erfolg der Gentherapie bei der Behandlung von OTOF-bedingter Schwerhörigkeit ebne daher auch den Weg für ähnliche Ansätze, die auf andere genetische Ursachen von Hörverlust abzielen.
„Ähnlich wie die Cochlea-Implantation sollten Gentherapien für angeborene Schwerhörigkeit oder Taubheit möglichst früh im Leben der betroffenen Kinder durchgeführt werden. Deshalb ist es wichtig, Kinder mit Auffälligkeiten in diesem Bereich möglichst früh genetisch zu untersuchen, um eine spezifische Ursache feststellen zu können. Nur so kann sich das Gebiet der molekularen Otologie wirklich weiterentwickeln“, betonte Löwenheim.
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