Medizinstudierende unterschätzen den Landarztberuf

Göttingen/Hannover – Medizinstudierende sollten möglichst früh im Studium Informationen über die hausärztliche Tätigkeit auf dem Land bekommen. „Viele Studierende haben falsche Vorstellungen über die berufliche Realität. Sie glauben, Hausärzte hätten es vor allem mit banalen Erkrankungen wie laufende Nasen zu tun, wissen zwar von allem etwas, aber nichts richtig, müssen dauernd verfügbar sein und werden schlecht bezahlt“, sagte Wolfgang Himmel vom Institut für Allgemeinmedizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) bei einer Fachveranstaltung der Techniker Krankenkasse (TK) Landesvertretung Niedersachsen. In seinem Impulsreferat „Wege und Umwege zur Hausarztpraxis – Eine Studie zur Niederlassung im ländliche Raum“ berichtete er Auszüge über eine noch nicht veröffentlichte Studie.
Danach zeigt sich in ausführlichen Interviews mit Hausärzten, die sich erst kürzlich niedergelassen haben, wie anspruchsvoll, vielfältig und letztlich befriedigend die Tätigkeit in einer Landarztpraxis ist. Außerdem lasse sich wegen eines gut organisierten Bereitschaftsdienstes die Tätigkeit oft weit besser mit Familie und Freizeit vereinbaren als die Arbeit im Krankenhaus, so Himmel. Auch die Bezahlung empfänden viele Hausärzte als durchaus akzeptabel.
Berufliche und finanzielle Sicherheit ist den Studierenden wichtig
„Ganz wichtig ist Hausärzten das Thema Sicherheit für die Familie und die berufliche Zukunft“, so der Göttinger Allgemeinmediziner. Dabei gehe es unter anderem um die finanziellen Belastungen durch die Praxisgründung und die Frage, ob sich eine Praxis im Alter wieder verkaufen lasse. Wichtig sei den Ärzten auch, wie sie sich vor Regressen effektiv schützen könnten.
„Gerade mit positiven Beispielen wird es einfacher sein, junge Ärzte für die hausärztliche Versorgung und insbesondere auf dem Land zu gewinnen“, sagte Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen.
Weiterbildung in der Allgemeinmeidzin muss strukturierter werden
Nach Angaben von Eva Hummers-Pradier, Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin der UMG, haben es Ärzte in der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin immer noch besonders schwer, planbar und zügig zu einem Abschluss zu kommen. „Die Weiterbildung ist oft unübersichtlich, mangelhaft strukturiert und unflexibel. Daher springen viele potenzielle Interessenten ab beziehungsweise entscheiden sich gleich für eine andere Facharzt-Richtung“, erläutert Hummers-Pradier. Die Allgemeinmedizinerin forderte, „im praktischen Jahr sollten alle Studierenden für ein Quartal in einer Hausarztpraxis ausgebildet werden“. Im Augenblick umfasst das PJ drei Tertiale: Innere Medizin, Chirurgie und ein Wahlfach.
Laut einer Umfrage der TK ist im Augenblick jeder zweite Niedersachse mit dem Angebot an Arztpraxen in seiner Umgebung sehr oder vollkommen zufrieden. „Damit das so bleibt, müssen wir uns rechtzeitig den Herausforderungen stellen, die sich schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung ergeben“, sagte Inken Holldorf, Leiterin der TK-Landesvertretung Niedersachsen, auf der Veranstaltung.
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