Mögliche Untergruppen krebsbedingter Fatigue

Heidelberg – Etwa ein Viertel bis ein Drittel aller Krebsüberlebenden leidet noch bis zu zehn Jahre nach Ende der Therapie unter einer krebsbedingten Fatigue. Eine Arbeitsgruppe aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) konnten nun bei Brustkrebspatientinnen mögliche Subgruppen definieren, die sich anhand biologischer Merkmale und psychischer Symptome unterscheiden lassen.
Dies soll dazu beitragen, in Zukunft individuellere und gezieltere Behandlungen für Fatigue-Betroffene zu entwickeln. Die Arbeit ist im International Journal of Cancer erschienen (2023; DOI: 10.1002/ijc.34791).
„Fatigue ist eine heterogene Krankheit. Sie manifestiert sich in unterschiedlicher Symptomatik und zeitlichen Verläufen, und ihre Entwicklung und Dauer hängen von verschiedenen Faktoren ab“, erläuterte die Erstautorin der Studie, Martina Schmidt vom DKFZ.
Es sei denkbar, dass verschiedene Subtypen von Fatigue existierten, die entsprechend ihren Merkmalen behandelt werden sollten. „Bislang kennen wir jedoch noch keine eindeutigen Biomarker für Subtypen der Fatigue, die eine besser angepasste und individuellere Therapie ermöglichen könnten“, erklärte Mitautorin Karen Steindorf.
Schmidt und Steindorf konnten kürzlich bereits zeigen, dass es ein relevantes Unterscheidungsmerkmal für Fatigue sein könnte, ob die Betroffenen unter depressiven Symptomen und Angst leiden. Mit ihrer aktuellen Arbeit konnten die Forscherinnen diese Ergebnisse nun an Daten von 1.871 krankheitsfreien Brustkrebspatientinnen verifizieren und zusätzlich Fatigue im Zusammenhang mit Blutmarkern untersuchen.
Die Studienteilnehmerinnen waren zwischen 2002 und 2005 im Rahmen der sogenannten MARIE-Studie rekrutiert worden. Sie wurden 2009 in standardisierten Telefoninterviews zu Fatiguesymptomen sowie Begleiterkrankungen befragt und es wurde ihnen Blut abgenommen. 2014 fand eine erneute Befragung statt, an der noch 1.295 Frauen teilnahmen.
Das DKFZ-Team untersuchte die Blutproben auf 16 verschiedene Botenstoffe und Hormone, darunter verschiedene Interleukine. Klar abgrenzen konnten die Forscherinnen wieder die Gruppe der Fatiguepatientinnen (214 Frauen), die von Depressionen betroffen waren. Sie litten unter besonders schweren körperlichen, emotionalen und kognitiven Fatiguesymptomen.
Für die Frauen ohne Depressionsvorgeschichte konnte die Arbeitsgruppe drei Cluster definieren:
Cluster 1 (195 Frauen) hatte hohe Werte entzündlicher Biomarker, einen hohen Body-Mass-Index und klagte häufig über Schmerzen. Die Fatigue manifestierte sich in dieser Gruppe besonders durch eine körperliche Symptomatik.
Cluster 2 (78 Frauen) war durch einen hohen Spiegel des Hormons Leptin gekennzeichnet, das unter anderem den Energiehaushalt reguliert, und wies starke kognitive Fatiguesymptome auf.
Das dritte Cluster (318 Frauen) zeichnete sich durch keine bestimmten Charakteristika aus.
„Cluster-Analysen liefern keinen Beweis dafür, dass die gefundenen Faktoren ursächlich sind für die speziellen Ausprägungen der Fatigue. Aber sie geben Hinweise auf potentielle Subtypen“, erläuterte Schmidt.
Künftige Studien zur Fatiguetherapie könnten diese Subtypen berücksichtigen, um herauszufinden, wie eine gezielte Hilfe für betroffenen Patientinnen und Patienten aussehen könnte, so die Hoffnung der Arbeitsgruppe.
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