Smartphone-Tagebuch für Magersüchtige

Dresden – Um bei seelischen Erkrankungen psychische Prozesse wie das Empfinden von positiven wie negativen Emotionen möglichst unverfälscht dokumentieren zu können, setzen die Ärzte und Wissenschaftler der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden jetzt auch auf Smartphones. In einem derzeit laufenden Forschungsprojekt erhalten Patientinnen mit Magersucht ein entsprechendes Gerät. Darauf befindet sich eine von den Wissenschaftlern eigens entwickelte App, die in unregelmäßigen Abständen mehrmals täglich Fragen zu aktuellen Empfindungen, Tätigkeiten und Wünschen stellt.
Den Medizinern zufolge gehören Essstörungen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen des Jugendalters. Der Forschungsschwerpunkt der Dresdner Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie liegt vor allem in der Untersuchung der bisher wenig erforschten biologischer Einflussfaktoren auf die Entstehung von Magersucht.
Bei ihren Vorhaben nutzen die Forscher eine breite Palette an Untersuchungsmethoden. Naturwissenschaftlichen Methoden haben den Wissenschaftlern zufolge jedoch Grenzen, wenn um das Erfassen des aktuellen Erlebens und Verhaltens in Alltagssituationen geht. Hier würden oft Fragebögen eingesetzt, bei denen sich die Patienten im Nachgang an bestimmte Situationen und Empfindungen erinnern müssen.
„Erinnerungen sind fragil und können von vielen Faktoren beeinflusst und unpräzise werden, wenn wir längere Zeiträume in der Vergangenheit abfragen“, erklärte Klinikleiter Stefan Ehrlich. „Deshalb nutzen wir Smartphones, um Symptome besser erfassen zu können.“ Patientinnen erhalten darüber mehrmals täglich kurze Fragebögen in Form eines „Alarms“. Darin geht es unter anderem um momentane Gedanken zum Essen und Körpergefühl, um Gemütszustände oder um die aktuelle Beschäftigung.
Beispielsweise: „Hast du dich seit dem letzten Alarm gedanklich mit Dingen, die mit Essen, Nahrung, Kochen, Kalorien zu haben, beschäftigt?“ Mit den auf diese Weise gesammelten Daten wollen die Wissenschaftler der Frage nachgehen, welchen Einfluss die kognitive Kontrolle auf das Alltagsleben von Magersüchtigen hat und wie sich dies auf die Langzeitergebnisse einer Therapie auswirkt.
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