Medizin

Antigenschnelltests: Unterschied zwischen professionellem Testen und Selbsttestung nicht signifikant

  • Dienstag, 12. Januar 2021
/picture alliance, Frank Hoermann, SVEN SIMON
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Heidelberg/Berlin – Eine an der Berliner Charité durchgeführte Studie zeigt, dass Antigen-Schnelltests zum Nachweis einer SARS-CoV-2-Infektion von Laien ohne professionelle Unterstützung durchgeführt werden können. Die Ergebnisse haben noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen und sind auf dem Preprint-Server MedRxiv nachzulesen (DOI: 10.1101/2021.01.06.20249009).

„Der Unterschied zwischen Selbsttestung und professionellem Testen hat sich in der Studie als minimal und nicht signifikant erwiesen“, berichtet Studienautorin Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Klini­sche Tropenmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt.

Bei 146 symptomatischen Erwachsenen mit Verdacht auf eine SARS-CoV-2-Infektion detektierten die von den Studienteilnehmern selbst durchgeführten Antigen-Schnelltest nur einen Infizierten weniger als die professionell durchgeführten Antigen-Schnelltests.

Selbsttest wurde nur mit schriftlicher Anleitung durchgeführt

Die Studie fand – unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung und des Universi­täts­klinikums Heidelberg – am Coronatestzentrum der Berliner Charité statt.

Die Studien­teilnehmer wurden bei der Durchführung der Tests beobachtet, aber nicht angeleitet. Sie erhielten ausschließlich schriftliche sowie grafisch aufbereitete Anweisungen für einen Selbstabstrich aus der vorderen Nase sowie die anschließende Durchführung und das Ablesen eines Antigenschnell­tests.

Anschließend entnahm das Personal von den Erkrankten einen tiefen nasopharyngealen Abstrich. Diese Probe wurde ebenfalls mit einem Antigenschnelltest untersucht.

Zusätzlich nahm das Personal einen kombinierten Abstrich aus dem Mund- und Nasen-Rachen-Raum, um per PCR eine Referenzdiagnose auf eine SARS-CoV-2-Infektion stellen zu können. Insgesamt 40 (27,4 %) der 146 Studienteilnehmer waren laut PCR-Ergebnis tatsächlich mit dem Coronavirus infiziert.

Bei der Selbsttestung wurden 33 der 40 PCR-Positiven detektiert, die Sensitivität der Selbsttestung lag damit bei 82,5 % (95-%-KI 68,1-91,3). Die Spezifität betrug 100 % (95-%-KI 96,5-100). Bei der professionellen Abstrichentnahme durch medizinisches Personal schlug bei 34 der 40 PCR-Positiven auch der Antigen-Schnelltest an. Dies entspricht einer Sensitivität von 85 % (95-%-KI 70,9-92,9).

Die positive prozentuale Übereinstimmung zwischen der Selbsttestung und der professionellen Testung lag damit bei 91,4 % (95-%-KI 77,6-97,0). Die negative prozentuale Übereinstimmung betrug 99,1 % (95-%-KI 95,0-100).

Viruslast hat einen Effekt – unabhängig von Selbst- oder professioneller Testung

Bei genauerem Hinsehen hatten die Antigenschnelltests insbesondere in den Fällen eine Infektion übersehen, in denen die Patienten nur eine geringe Viruslast hatten. Bei Patienten mit geringer Viruslast (< 7,0 log10 SARS-CoV-2-RNA-Kopien/ml) betrug die Sensitivität 45,6 % (5/11; 95-%-KI 21,3-72,0) für den Selbsttest und 54,5 % (6/11; 95-%-KI 28,0-78,7) für den professionellen Einsatz des Schnelltests.

Betrachtete das Forschungsteam dagegen nur die Erkrankten mit einer hohen Viruslast (> 7,0 log10 SARS-CoV-2-RNA-Kopien/ml; n=29) schlugen sowohl die Antigentests aus tiefen Nasenabstrichen als auch aus Selbstabstrichen in 96,6 % (95-%-KI 82,8-99,8) der PCR-positiven Fälle an.

Bei 25 der 40 PCR-positiven Studienteilnehmer beobachteten die anwesenden Studienärzte Fehler bei der Probeentnahme und Testung. Die Studienteilnehmer waren mit einem Durchschnittsalter von 35 Jahren insgesamt eher jünger. Mehr als die Hälfte von ihnen (59,6 %) hatten einen höheren Bildungs­grad. Die meisten Teilnehmer (80,9 %) fanden, dass der Test relativ leicht durchzuführen gewesen sei.

„Wir konnten zeigen, dass die Antigen-Schnelltests unabhängig davon, ob sie professionell oder im Selbsttest durchgeführt werden, bei einer hohen Viruslast sehr gut funktionieren“, schlussfolgert Stu­dienautorin Denkinger. Dass die Zuverlässigkeit der Tests bei geringer Viruslast abnehme, sei mittler­weile in vielen Studien nachgewiesen worden.

Fehler bei der Durchführung haben nur minimale Auswirkungen

Die größte Variabilität sei in der Studie bei der Probeentnahme zu beobachten gewesen, aber auch bei der Extraktion und dem Auftragen der Probe. Laut Denkinger könnte dies durch bessere Anleitungen, eventuell auch Videoanleitung, vermindert werden. Auch gebe es Ansätze von einigen Entwicklern, Tests speziell für den unerfahrenen Nutzer zu entwickeln.

„Aber Fakt ist, dass wir in dieser Studie zeigen, dass die Variabilität in der Durchführung praktisch nur minimale Auswirkungen auf das Ergebnis der Tests hat“, betont Denkinger.

Antigenschnelltests für den Heimgebrauch könnten dazu beitragen, dass häufiger getestet wird. In Kom­bination mit einer geeigneten Aufklärung der Bevölkerung über Vorteile und Risiken könnte die Selbst­testung signifikanten Einfluss auf den weiteren Verlauf der Pandemie haben.

Nach aktueller Verordnung dürfen die Tests allerdings nicht an Laien abgegeben werden. Die wichtigste Voraussetzung für eine Nutzung der Tests als Selbsttests und damit für die Wirkung als Public-Health-Screening ist Denkinger zufolge deshalb die Freigabe von Antigentests für die (Heim-)Anwendung durch Laien durch das RKI nach §3 (5) MPAV oder durch das BMG über Anlage 3 der MPAV und dann durch die Hersteller.

nec

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