BacPROTACs als neuer Ansatz zur Bekämpfung bakterieller Infektionen

Wien – Proteinabbaumoleküle, wie die so genannten BacPROTACs, die sich gezielt gegen bakterielle Proteine richten, kommen als neuartige Antibiotikaklasse in Frage. Derzeit werden Proteinabbaumoleküle (PROTACs, proteolysis targeting chimeras) als Krebstherapeutika und nun auch als Antibiotika der Zukunft erforscht. PROTACs können sich gegen ausgewählte zelluläre Proteine richten, um sie gezielt abzubauen.
Die neu entwickelten BacPROTACs aus der Arbeitsgruppe der Molekularen Pathologie in Wien und der Universität Duisburg-Essen (UDE) richten sich ausschließlich gegen bakterielle Proteine (Cell 2022: DOI: 10.1016/j.cell.2022.05.009).
Erste biochemische und strukturelle Analysen wurden erfolgreich an Bacillus subtilis durchgeführt. Um das therapeutische Potenzial der entwickelten Proteinabbaumoleküle weiter auszuloten, wurde dieser Ansatz auf Mykobakterien ausgeweitet, die zu den am weitesten verbreiteten und gefährlichsten menschlichen Krankheitserregern zählen.
Erste Analysen zeigen, dass der gezielte Abbau von mykobakteriellen Proteinen, Toxizität gegen sie hervorruft. Damit könnten BacPROTACs neue Horizonte eröffnen, um antimikrobielle Wirkstoffe mit hoher Selektivität und Speziespezifität zu entwickeln, schlussfolgern die Studienautoren.
Die Proteinabbaumoleküle binden an Substratrezeptoren der ClpC:ClpP-Proteasen. BacPROTACs programmieren bakterielle ClpCP-Proteasen so um, dass Neosubstrate abgebaut werden. In-vitro-Assays zur Arzneimittelempfindlichkeit, die am Beispiel von Mykobakterien durchgeführt wurden, bestätigen, dass BacPROTACs ein selektives Targeting endogener Proteine durch Fusion ermöglichen.
„Da es sich um einen neuartigen Ansatz zur Bekämpfung bakterieller Infektionen handelt, gegen den noch keine Resistenzen bestehen, könnten BacPROTACs künftig möglicherweise eine Option sein, wenn konventionelle Antibiotika nicht mehr wirken“, vermutet Studienautor Markus Kaiser vom Center of Medical Biotechnology (ZMB) der UDE.
Die Studienautoren beobachteten jedoch erhebliche Unterschiede der In-vivo-Abbaueffizienz, die im Vergleich zu den zuvor erhobenen biochemischen Daten In-vitro weniger stark ausgeprägt waren. Diese Diskrepanz ist wahrscheinlich auf eine niedrige Zellpermeabilität von BacPROTACs zurückzuführen, wodurch ihre intrazelluläre Konzentration sinkt.
Insbesondere die Mykobac-Zellmembran ist dicht mit Lipiden ausgestattet, was mit einem wachsartigen Schutzschild vergleichbar wäre und den Zugang von BacPROTACs erschwert, geben die Studienautoren zu bedenken.
Um Proteinabbaumoleküle als Antibiotika zu erforschen, müssen weitere Untersuchungen folgen, um nachzuweisen, dass endogene bakterielle Proteine ebenfalls erfolgreich abgebaut werden können. Da BacPROTACs prinzipiell gegen jedes bakterielle Protein gerichtet sein können, bilden sie die Basis für weitere Forschungen zugunsten einer dringend erforderlichen neuen Antibiotikaklasse.
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