Bei therapierefraktären depressiven Syndromen Trauma-Folgestörungen prüfen

Homburg/Berlin – Die Behandlung chronischer und therapierefraktärer depressiver Syndrome ist eine besondere Herausforderung für die Betroffenen und ihre Angehörigen, die Behandler und die Kostenträger. Traumafolgestörungen sind ein Faktor, der die depressiven Syndrome aufrechterhalten kann. Das berichtete Ulrike Schmidt (Homburg/Saar) heute auf dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DPPPN) in Berlin (Vortrag und Präsentations ID EP-02-01).
„Ein depressives Syndrom wird als chronisch bezeichnet, wenn es länger als 2 Jahre anhält und eine depressive Episode gilt als therapierefraktär, wenn 2 adäquate antidepressive Behandlungsversuche keine signifikante Besserung erbracht haben“, so Schmidt, stellvertretende Direktorin der psychiatrischen und psychotherapeutischen Abteilung am Universitätsklinikum des Saarlandes.
In der Literatur fänden sich Hinweise darauf, dass Traumata und Traumafolgestörungen wie die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und insbesondere die komplexe Posttraumatische Belastungsstörung (kPTBS) bei einem Teil der Menschen mit chronischen oder therapierefraktären depressiven Syndromen krankheitsaufrechterhaltende Faktoren darstellen.
Schmidt berichtete, ein von ihr für den Vortrag vorgenommener systematischer Review habe gezeigt, dass Traumata und Traumafolgestörungen hochprävalent in Populationen mit therapierefraktären und chronischen Depressionen seien und dass eine zu Beginn einer antidepressiven Therapie vorliegende PTBS das Therapieergebnis signifikant beeinflusse.
In einer von der Referentin rekrutierten Kohorte von PTBS-Patienten und Patientinnen besserten sich depressive Syndrome durch eine Trauma-fokussierten Psychotherapie erheblich, obwohl die Pharmakotherapie während dieses Behandlungszeitraums nicht verändert wurde. 69 % aller Patientinnen und Patienten mit einer PTBS und einer therapierefraktären oder chronischen Depression gaben an, in den bisherigen Behandlungen nie nach traumatischen Erlebnissen oder den Symptomen einer PTBS gefragt worden zu sein, obwohl knapp 80 % von ihnen sich bereits mindestens einmal in einer psychotherapeutischen Behandlung befunden hatte.
„Aus den Ergebnissen dieser Analysen kann der Schluss gezogen werden, dass eine strukturierte Diagnostik und Behandlung von Traumafolgestörungen die Behandlungssituation einer Subpopulation von Menschen mit therapierefraktärer oder chronischer Depression deutlich verbessern könnte“, lautete Schmidts Fazit.
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