Chirurgische Masken bieten Träger in Studie keinen sicheren Schutz vor SARS-CoV-2

Kopenhagen – Das Tragen einer chirurgischen Maske in der Öffentlichkeit bietet für den Träger selbst keinen sicheren Schutz, sondern nur eine tendenzielle Schutzwirkung vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2. Diese schon bekannte Erkenntnis unterstreicht jetzt eine aktuell in den Annals of Internal Medicine (2020; DOI: 10.7326/M20-6817) erschienene Studie, die in Dänemark während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie durchgeführt wurde.
Die wichtigste Einschränkung der Untersuchung ist, dass sie keine Aussage über das Ansteckungsrisiko für andere Menschen macht. Dies könnte der wesentliche Nutzen der Schutzmasken sein. Chirurgische Masken wurden schließlich nicht entwickelt, um den Operateur vor den Keimen des Patienten zu schützen, sondern um einen Keimeintrag durch den Operateur in die Operationswunde zu verhindern.
Die Studie macht auch keine Aussage über den Nutzen von Masken zur Eindämmung der Epidemie. Eine solche Untersuchung hätte eine weitaus größere Teilnehmerzahl erforderlich gemacht – vergleichbar mit den jetzigen Phase-3-Studien zur Impfstoffentwicklung.
In einer solchen Studie hätten beispielsweise alle Menschen in einem Stadtteil Masken tragen müssen, während in einem anderen Stadtteil alle darauf verzichtet hätten. Eine solche Studie ist derzeit nicht in Sicht.
Die Studie Danmask-19 („Danish Study to Assess Face Masks for the Protection Against COVID-19 Infection“) wurde vom 12. April bis 2. Juni durchgeführt. Während dieser Zeit wurde der Bevölkerung in Dänemark zur Handhygiene und zur sozialen Distanzierung geraten (einschließlich in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln, die offen blieben).
Besuche in Krankenhäusern und in Pflegeheimen waren eingeschränkt. Cafés und Restaurants waren bis zum 18. Mai 2020 geschlossen. Eine allgemeine Empfehlung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gab es (noch) nicht. Forscher des Universitätsklinikums Kopenhagen haben diese Gelegenheit genutzt, um die Schutzwirkung von chirurgischen Masken für die Träger in einem Umfeld zu untersuchen, in der andere Menschen keine Masken tragen.
Insgesamt 6.024 Erwachsene, die angegeben hatten, dass sie sich länger als 3 Stunden am Tag im Freien aufhalten, wurden auf 2 Gruppen randomisiert. Die Hälfte erhielt eine Packung mit 50 3-schichtigen chirurgischen Einweggesichtsmasken mit Ohrschlaufen vom TYP II EN 14683 mit einer Filtrationsrate von 98 %, die sie im Freien tragen sollten. Die andere Hälfte sollte keinen Gesichtsschutz tragen.
Der primäre Endpunkt der Studie war die Zahl der Neuinfektionen mit SARS-CoV-2, definiert als positiver Virusnachweis im oropharyngealen Abstrich, ein Antikörpernachweis in einer Blutuntersuchung oder eine klinische COVID-19-Diagnose.
Wie Henning Bundgaard und Mitarbeiter jetzt mitteilen, kam es in der Maskengruppe innerhalb eines Monats bei 42 Teilnehmern (1,8 %) zur Infektion gegenüber 53 Teilnehmern (2,1 %) in der Kontrollgruppe.
Dies ergab eine Odds Ratio von 0,82 mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,54 bis 1,23. Dies bedeutet, dass das Tragen der Maske das Infektionsrisiko tendenziell um 18 % senkte. Das weite Konfidenzintervall reicht von einer Senkung des Risikos um 46 % bis zu einem Anstieg um 23 %.
Aus wissenschaftlicher Sicht konnte die Studie damit die Schutzwirkung einer Maske für den Träger nicht nachweisen. Auch in einer „Per-protocol“-Analyse, die auf die Personen beschränkt war, die sich an die Maskenempfehlung gehalten hatten, war keine Schutzwirkung nachweisbar (Odds Ratio 0,84; 0,55 bis 1,26). Auch eine Schutzwirkung gegenüber anderen Atemwegsinfektionen war nicht sicher nachweisbar.
Damit blieben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück. Bei der Planung waren die Forscher davon ausgegangen, dass die Masken das Infektionsrisiko von 2 % auf 1 % senken würden. Um die jetzt ermittelte geringe Schutzwirkung zu belegen, hätte die Teilnehmerzahl weitaus größer sein müssen (natürlich ohne Garantie, dass dann tatsächlich eine Schutzwirkung gefunden würde).
Die meisten Public-Health-Experten sind derzeit der Ansicht, dass das Tragen von Masken einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leistet. Die Ergebnisse der dänischen Studie dürften an dieser Ansicht nichts ändern.
Die wichtigste Botschaft könnte sein, dass das Tragen einer chirurgischen Maske in der Öffentlichkeit keinen sicheren Schutz vor einer Ansteckung bietet und es deshalb für Maskenträger ratsam ist, sich an den anderen Maßnahmen wie Händehygiene oder soziale Distanzierung zu halten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: