Coronaselbsttests: Packungsbeilagen verwirren Anwender bei negativem Ergebnis

Lebanon/New Hampshire – Viele Verbraucher schätzen die Bedeutung eines negativen Antigentests falsch ein. Die Informationen in den Packungsbeilagen haben sich in einer randomisierten Studie in JAMA Internal Medicine (2022; DOI: 10.1001/jamainternmed.2021.8075) nicht als hilfreich erwiesen.
Die Zahl der Fehlinterpretationen war sogar höher als in einer Gruppe, die gar keine Informationen erhalten hatte. Eine grafische Darstellung nach den Prinzipien der Entscheidungstheorie verbesserte das Verständnis deutlich.
Die US-Arzneimittelbehörde FDA macht klare Vorgaben für die Hersteller von Antigentests. Diese müssen in der Packungsbeilage auf die Grenzen des Tests, sprich die im Vergleich zum PCR-Test geringere Sensitivität hinweisen und die Anwender auffordern, sich bei Symptomen selbst zu isolieren und das Testergebnis bei einem Arzt durch einen PCR-Test prüfen zu lassen. Die Texte der Hersteller sind juristisch vermutlich unanfechtbar, doch ob sie von den Anwendern auch verstanden werden, ist eine andere Frage.
Steven Woloshin vom Dartmouth Institute for Health Policy and Clinical Practice in Lebanon/New Hampshire und Mitarbeiter haben in einer Online-Umfrage 360 Erwachsene gefragt, wie sie im Fall eines negativen Antigentests reagieren würden. Die Teilnehmer wurden auf 3 Gruppen randomisiert.
Die 1. Gruppe erhielt keine Informationen. Der 2. Gruppe wurden die Angaben der Packungsbeilage eines führenden Herstellers gezeigt. Für die 3. Gruppe hatten die Forscher einen Entscheidungsbaum grafisch dargestellt, der die 4 Szenarien trennt, die bei einem negativen Test zu beachten sind.
Im 1. Szenario haben die Betroffenen aktuell Symptome und sie hatten Kontakt mit einem Infizierten gehabt. Die Anwender sollten dann trotz eines negativen Antigentests davon ausgehen, dass sie infiziert sind. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC) raten den Betroffenen, unbedingt zuhause zu bleiben und den Kontakt zu anderen Menschen zu meiden, bis ein Arzt eine Freigabe erteilt hat. Dies ist in der Regel nach einem negativen PCR-Test der Fall.
Im 2. Szenario liegen Symptome vor, ohne dass ein Kontakt bekannt ist. In diesem Fall könnte ebenfalls trotz negativem Antigentest eine Infektion vorliegen. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings geringer als im 1. Szenario. Die CDC raten zu einer Quarantäne über mindestens 10 Tage. Außerdem sollten sich die Symptome gebessert haben und das Fieber seit mindestens 20 Stunden abgeklungen sein, bevor man sich anderen Menschen nähert.
Das 3. Szenario ist ein negativer Test bei einem symptomlosen Menschen, der jedoch Kontakt zu einem Infizierten hatte. Das Risiko einer Infektion ist hier ebenfalls geringer als im 1. Szenario, aber nicht gleich 0. Die CDC raten zu einer 10-tägigen Quarantäne.
Kein Handlungsbedarf besteht allein im 4. Szenario, in dem der Test negativ ausfällt und die Person weder Symptome hat noch Kontakt zu einem Infizierten hatte. In diesem Fall ist eine Infektion unwahrscheinlich. Eine Selbstisolierung und eine Bestätigung durch einen PCR-Test sind nicht erforderlich.
In den ersten 3 Szenarien hatten 33 % der Teilnehmer nach dem Lesen der Packungsbeilage nicht verstanden, dass sie sich trotz des negativen Tests in Quarantäne begeben müssen. Der Anteil war sogar höher als in der Gruppe, die keine Aufklärung erhalten hatte. Dort entschieden sich 24 % gegen eine Quarantäne. Unter den Teilnehmern, die den Entscheidungsbaum gesehen hatten, waren es 14 %.
Im 1. Szenario mit der höchsten Prätestwahrscheinlichkeit einer Infektion sahen sogar 36 % nach dem Lesen der Packungsinformation bei einem negativen Antigentest keinen Anlass zur Quarantäne. Der Entscheidungsbaum senkte die Rate auf 4 %, in der Kontrollgruppe ohne Aufklärung waren es 21 %.
Dass die Anwender nach dem Lesen der offiziellen Packungsinformation häufiger irrten als ohne Aufklärung, deutet laut Woloshin darauf hin, dass die Angaben die Empfänger eher verwirren als informieren. Sie könnten bei einigen Menschen vielleicht sogar den gesunden Menschenverstand außer Kraft setzen, vermutet der Forscher.
Richtig verstanden hatten die 3 Gruppen nur, dass sie sich im Fall eines positiven Tests isolieren und umgehend einen Arzt kontaktieren sollten. Dies sahen in allen Gruppen 95 % der Anwender eines Selbsttests ein.
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