COVID-19: Auch milde Erkrankungen könnten zu langdauernder Immunität führen

St.Louis/Missouri – Auch wenn die Antikörpertiter nach einer überstandenen Erkrankung zunächst abfallen, könnte eine Infektion mit SARS-CoV-2 eine anhaltende Immunität hinterlassen.
US-Forscher haben im Knochenmark von rekonvaleszenten Patienten langlebige Plasmazellen nachgewiesen, die laut ihrem Bericht in Nature (2021; DOI: 10.1038/s41586-021-03647-4) zusammen mit B-Gedächtniszellen im Blut im Fall einer erneuten Infektion eine schwere Erkrankung verhindern könnten.
Niemand kann derzeit vorhersagen, wie lange die Immunität nach einer überstandenen Infektion mit SARS-CoV-2 oder die Wirksamkeit einer Impfung anhält. Erste Studien im letzten Jahr hatten ergeben, dass die Konzentration der schützenden Antikörper schon bald wieder sinkt. Epidemiologische Untersuchungen hatten herausgefunden, dass Zweitinfektionen zwar selten, aber möglich sind.
Für den Immunologen Ali Ellebedy von der Washington School of Medicine in St.Louis/Missouri ist der Rückgang der Antikörpertiter ein völlig normaler Vorgang, der wenig über die Dauer der Immunität aussagt. Entscheidend für einen nachhaltigen Infektionsschutz seien die Bildung von langlebigen Plasmazellen im Knochenmark und von B-Gedächtniszellen im Blut.
Die Plasmazellen im Knochenmark würden für eine Basisproduktion von Antikörpern sorgen, die neu eintreffende Viren abfangen könnten. Die B-Gedächtniszellen würden die Antwort durch die rasche Bildung neuer Plasmazellen im Blut verstärken.
Beide Abwehrlinien der humoralen Immunabwehr werden nach den Erkenntnissen von Ellebedy durch eine Erkrankung an COVID-19 aktiviert. Der Forscher begleitet derzeit 77 Personen, die während der 1. Welle an COVID-19 erkrankt waren. Bei den meisten war die Erkrankung relativ milde verlaufen. Nur 6 Patienten mussten im Krankenhaus behandelt werden. 12 Patienten wurden nach der Erkrankung mit BNT162b2 oder mRNA-1273 geimpft.
Ellebedy lässt bei den Rekonvaleszenten alle 3 Monate die Antikörpertiter kontrollieren. Insgesamt 74 von 77 Ex-Patienten hatten etwa 1 Monat nach der Erkrankung Antikörper gebildet. Der Titer ging, wie schon in früheren Studien aufgefallen war, in den folgenden Monaten leicht zurück, stabilisierte sich dann aber.
Auch 11 Monate nach der Erkrankung verfügten die Patienten noch über einen gewissen Antikörperschutz. Diese Antikörper stammten jedoch nicht mehr von den Plasmazellen, die bei der akuten Infektion gebildet wurden. Diese Zellen waren inzwischen aus dem Blut verschwunden. Ellebedy vermutet, dass langlebige Plasmazellen im Knochenmark die Produktion der Antikörper übernommen haben.
Der Forscher konnte die Zellen in Gewebeproben aus dem Knochenmark nachweisen, zu deren Entnahme sich 19 Teilnehmer 7 bis 8 Monate nach der Erkrankung bereiterklärt hatten. Insgesamt 5 Teilnehmer ließen die nicht ganz schmerzlose Punktion 4 Monate später noch ein 2. Mal durchführen.
Bei den meisten Rekonvaleszenten konnte Ellebedy die antikörperbildenden Plasmazellen nachweisen, deren Menge auch in der 2. Knochenmarkprobe nicht zurückgegangen war. Die Antikörpertiter im Blut korrelierten mit der Zahl der Plasmazellen im Knochenmark, so dass Ellebedy sicher ist, dass es sich um die Produzenten der Antikörper handelt.
Ellebedy konnte außerdem im Blut der Patienten die B-Gedächtniszellen nachweisen, aus denen sich im Falle einer erneuten Infektion rasch neue Plasmazellen bilden. Diese Zellen waren bereits 1 Monat nach der Erkrankung nachweisbar und sie blieben es über wenigstens 7 Monate.
Die Studie zeigt, dass auch eine milde Erkrankung an COVID-19 eine Immunantwort auslöst, die noch nach 11 Monaten nachweisbar ist und angesichts der langlebigen Plasmazellen im Knochenmark und der B-Gedächtniszellen im Blut noch eine längere Zeit anhalten könnte. Ob sie die Probanden tatsächlich vor einer weiteren Erkrankung schützt, lässt sich aus Labortests nicht immer sicher schließen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: