COVID-19: Colchicin bleibt in RECOVERY-Studie ohne Wirkung

Oxford – Die britische RECOVERY-Studie, an der sich mittlerweile auch Kliniken in Indonesien und Nepal beteiligen, hat den Abbruch des Studienarms zum Wirkstoff Colchicin verkündet. Das frühere Gichtmittel, dem auch antientzündliche Wirkungen zugeschrieben werden, hat nach den Ergebnissen einer Zwischenauswertung die Überlebenschancen von hospitalisierten Patienten mit COVID-19 nicht verbessert.
Die RECOVERY-Studie testet seit nunmehr einem Jahr die Wirksamkeit verschiedener Medikamente gegen COVID-19. Bisher wurden an 180 Zentren insgesamt 38.680 Patienten rekrutiert, die auf verschiedene Therapien randomisiert wurden. Die Studie hat im vergangenen Jahr die Wirksamkeit von Dexamethason belegt, das inzwischen weltweit zum Standard bei COVID-19 gehört. Vor kurzem konnte die Studie zeigen, dass auch das Biologikum Tocilizumab die Überlebenschancen der Patienten verbessert.
Seit November wurden 11.162 Patienten auf eine Behandlung mit Colchicin oder eine Vergleichsgruppe randomisiert. Anlass waren kleinere Studien, in denen das traditionelle Gichtmittel (das hier inzwischen von anderen Wirkstoffen verdrängt wurde) die Erholung von Patienten mit COVID-19 beschleunigt hatte. Die Erwartungen an den Wirkstoff wurden bei einer Zwischenauswertung vom 4. März jedoch enttäuscht.
Die vorläufige Analyse basiert auf 2.178 gemeldeten Todesfällen unter 11.162 randomisierten Patienten, von denen 94 % mit einem Kortikosteroid wie Dexamethason behandelt wurden. Laut der Pressemitteilung der Recovery-Gruppe war kein signifikanter Unterschied in der 28-Tage-Mortalität, dem primären Endpunkt der Studie, erkennbar: In der Colchicin-Gruppe waren 20 % und in der Kontrollgruppe 19 % der Patienten verstorben. Die Risk Ratio von 1,02 schließt bei einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,94 bis 1,11 weitgehend aus, dass ein größerer Nutzen (oder Schaden) übersehen wurde. Dem unabhängigen „Data Monitoring Committee“ blieb deshalb keine andere Wahl, als diesen Arm der Studie abzubrechen.
Colchicin ist nicht das erste Mittel, dass sich in der RECOVERY-Studie als wirkungslos erwiesen hat. Negativergebnisse gab es auch zu Hydroxychloroquin, Lopinavir-Ritonavir, Azithromycin und zur Serumtherapie. Derzeit laufen noch Studien zu Acetylsalicylsäure (ASS), Baricitinib, einem Antikörpercocktail von Regeneron und (in ausgewählten Krankenhäusern) Dimethylfumarat.
Die Studie hat sich für ihre Initiatoren um Peter Horby von der Universität Oxford als Erfolgsmodell erwiesen. Auch Kliniken in anderen Ländern haben Interesse angemeldet. Derzeit wurden auch Patienten in Kathmandu/Nepal und in Jakarta/Indonesien behandelt. Dort sollen vor allem Mittel erprobt werden, die leicht verfügbar und erschwinglich sind. Dazu gehörte neben ASS auch Colchicin, das sich jetzt aber als unwirksam erwiesen hat.
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